Humanitäre Katastrophe

Das Land der traurigen Rekorde

Wer hier geboren wird, hat die niedrigste Lebenserwartung weltweit. Die Krise in der Zentralafrikanischen Republik spitzt sich laut Unicef zu.

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BANGUI/GENF. Der Krisenstaat Zentralafrikanische Republik ist ein Land der Negativrekorde: die geringste Lebenserwartung weltweit, die zweithöchste Säuglingssterblichkeitsrate und weit verbreiter Hunger. Wegen des anhaltenden Konfliktes seien inzwischen rund 1,5 Millionen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen, schätzungsweise 43.000 davon würden 2019 unter lebensgefährlichem Hunger leiden, warnte Unicef am Freitag.

„Die Lage der Kinder ist verzweifelt“, sagte die örtliche Leiterin des UN-Kinderhilfswerks, Christine Muhinga. Es brauche nun „dringend Aufmerksamkeit und Hilfe.“

Gut fünf Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs in der Zentralafrikanischen Republik warnte Unicef in einem neuen Bericht vor einer weiteren Zuspitzung der „vernachlässigten Krise“. Es gebe kaum internationale Aufmerksamkeit und zu wenig finanzielle Unterstützung, doch die Lage im Land spitze sich weiter zu.

Inzwischen sind nach UN-Angaben rund 1,2 Millionen Zentralafrikaner – etwa ein Viertel der Bevölkerung – auf der Flucht. Die Zahl der Kinder, die Hilfe brauchen, stieg Unicef zufolge von 1,3 Millionen auf 1,5 Millionen. Doch für humanitäre Helfer wird es immer schwieriger, die Menschen zu unterstützen: Wegen eines Aufflammens der Kämpfe ist die Zahl der Angriffe auf Helfer von 67 im Jahr 2017 auf rund 300 in den ersten neun Monaten dieses Jahres gestiegen.

52 Jahre als Lebenserwartung

Die Lebenserwartung in dem Land beträgt einem UN-Index zufolge nur 52 Jahre – und ist damit die niedrigste weltweit. Die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, was häufig zu Krankheiten führt. In dem Land stirbt Unicef zufolge jeder 24. Säugling noch im ersten Lebensmonat (Deutschland: jeder 435.).

Das ist nach Pakistan die zweithöchste Rate weltweit. Zudem sterben bei 100.000 Geburten rund 882 Mütter (Deutschland: 6). Schlimmer ist die Situation nur im westafrikanischen Sierra Leone. Ein Drittel der Mädchen in Zentralafrika wird schon vor dem 15. Geburtstag verheiratet.

In der Zentralafrikanischen Republik war Ende 2012 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem sich unter anderem Milizen der christlichen Mehrheit und der muslimischen Minderheit gegenüberstanden. Erst infolge einer französischen Militärintervention, der eine UN-Friedensmission folgte, stabilisierte sich die Lage.

Allerdings kommt es seit 2017 wieder verstärkt zu Kämpfen. Inzwischen, erklärt Unicef, gehe es bei den Gefechten der verschiedenen Milizen meist um Weidegebiete oder die Kontrolle von Rohstoffen wie Diamanten, Gold und Uran. „Immer öfter greifen die bewaffneten Gruppen sich nicht gegenseitig an, sondern die Zivilbevölkerung“, klagt Unicef.

Die Hilfsorganisation unterstützt in Zentralafrika unter anderem Impfkampagnen und stellt Spezialnahrung für Zehntausende mangelernährte Kinder bereit. Bis Ende Oktober seien jedoch nur 44 Prozent der für den Hilfseinsatz benötigten 56 Millionen US-Dollar (49 Millionen Euro) eingegangen, erklärte Unicef. (dpa)

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