Ruf nach mehr Prävention

"Der Suizid trägt die Handschrift des Alters"

Mit zunehmendem Alter steigt das Suizidrisiko in Deutschland deutlich an: Vor allem Männer über 60 nehmen sich das Leben. Mit einem Memorandum wollen Experten für mehr Aufmerksamkeit bei der Suizidprävention Älterer werben. Dabei sehen sie auch Hausärzte in der Pflicht.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Vor allem Männer ab 60 Jahre sind in Deutschland suizidgefährdet.

Vor allem Männer ab 60 Jahre sind in Deutschland suizidgefährdet.

© david harding / fotolia.com

BERLIN. Das Suizidrisiko in Deutschland steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich.

Vor allem Ärzte müssten für die Prävention von Suiziden im Alter stärker sensibilisiert werden, erklärten Mitglieder der Arbeitsgruppe "Alte Menschen" im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland vor Journalisten in Berlin.

"Der Suizid trägt die Handschrift des Alters", sagte Dr. Reinhard Lindner vom Therapiezentrum für Suizidgefährdete am Uniklinikum Hamburg und Mitglied der Arbeitsgruppe.

Zu wenige Psychotherapie-Angebote

Vor allem bei Männern über 60 Jahren sei die Suizidrate hoch. "Bei vielen älteren Männern stellt sich das Gefühl ein, körperlich nicht mehr funktionsfähig zu sein. Die gefühlte Abhängigkeit von anderen kann zu psychischen Problemen führen", so Lindner.

Mit einem Memorandum, das gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention erstellt und vom Familienministerium gefördert wurde, wollen die Experten für mehr Aufmerksamkeit bei der Suizidprävention im Alter werben.

"Die individuelle Suizidprävention bietet das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Gespräch", erklärte Dr. Uwe Sperling, Gerontologe in Mannheim.

Problem sei, dass zu wenig Psychotherapie für Ältere angeboten werde, und Ältere gleichzeitig sich selten an Psychotherapeuten wenden.

Daher müssten auch Hausärzte dafür sensibilisiert werden, in Gesprächen mit älteren Patienten auf Anzeichen für Suizidgedanken zu achten.

Neben den klassischen Merkmalen einer Depression sollten Hausärzte auch auf Auslöser und Hintergründe eines möglichen Suizides achten.

Nicht den Lebensmut verlieren

Das können neben finanziellen und familiären Problemen vor allem körperliche Einschränkungen sein. "Es muss den älteren Menschen vermittelt werden, dass sie sich auch im Alter noch weiter entwickeln können und den Lebensmut nicht verlieren", so Lindner.

Um wirksame Suizidprävention zu gestalten, sei auch ein Blick auf die Suizidmethoden nötig: So ist das Erhängen die dominanteste Methode älterer Männer, der Tod auf Bahngleisen eher selten.

Frauen wählen eher den Tod durch Medikamente. Im Krisenfall sollten entsprechende psychiatrische Fachdienste informiert werden.

In der Debatte um ein neues Gesetz zum assistierten Suizid werben die Experten für eine Fokussierung auf Prävention und palliativmedizinische Begleitung. "Suizidpräventive Maßnahmen müssen Vorrang vor der Suizidassistenz haben", so Sperling.

Bewusst habe sich die Arbeitsgruppe mit dem Memorandum aber entschieden, keinen Vorschlag zur Sterbehilfediskussion vorzulegen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Zervixkarzinom

DKG-Expertin Hasenburg: „Die HPV-Prävention muss in der Schule beginnen“

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Primärprävention

Empfehlungen aktualisiert: LDL-Cholesterin wann und wie senken?

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Rudolf Hege 11.03.201512:42 Uhr

Zu kurz gesprungen...

Wenn ältere Menschen sich selbst töten, dann nicht, weil ihnen Medikamente fehlen, sondern weil Partner gestorben sind, Kinder kein Interesse mehr an ihnen haben - oder sie einfach das Gefühl haben, dass sie nicht mehr "gebraucht" werden. Wozu dann noch die Einschränkungen des Alters ertragen? Ja, und manchmal haben sie auch einen Mangel an "Vitalstoffen" (Vitaminen & Co.). Einen "Mangel an Psychopharmaka" haben sie dagegen in der Regel nicht, eher ein Zuviel.

Wichtiger wäre es, ältere Menschen gezielt in das Leben einzubinden. Nur, daran hat unsere Gesellschaft, haben wir, derzeit kaum ein Interesse - entgegen allen Lippenbekenntnissen.

Mir scheint, der Vorstoß geht mal wieder in Richtung "Statistik-Kosmetik".

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Nachgefragt bei Kammern und KVen

Dass Behandlungen abgelehnt werden, kommt selten vor

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid wirkt nicht gegen Alzheimer

Lesetipps
Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Warnschild Grippewelle

© nmann77 / stock.adobe.com

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an