Cornelia Rundt

"Die Hausärzte sind der Engpassfaktor"

Niedersachsen hat ein Problem: In vielen Landstrichen steht die hausärztliche Versorgung auf der Kippe, glaubt die neue Gesundheitsministerin. Im Interview erklärt Cornelia Rundt, was sie dagegen unternehmen will.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Will hart mit dem Finanzminister ringen: Cornelia Rundt.

Will hart mit dem Finanzminister ringen: Cornelia Rundt.

© Sozialministerium

Ärzte Zeitung: Frau Ministerin, wie wollen sie die hausärztliche Versorgung auf dem Land sichern? 

Cornelia Rundt: Sie sprechen ein ernstes Problem an. An manchen Orten in Niedersachsen nehmen die Hausärzte keine Patienten mehr.

Der demografische Wandel hat die hausärztliche Versorgung sowohl bei den Patienten als auch bei den Ärzten erfasst. Unser Ziel muss sein, dass Menschen mit Hilfebedarf und Bedarf an ärztlicher Versorgung nicht gezwungen werden, in die Zentren zu ziehen.

Wie wollen sie die Strukturen, die es jetzt noch gibt, wenigstens erhalten?

Tatsächlich fangen die Strukturen an, wegzubrechen. Die Frage ist: Wie bekommen wir den Generationenwechsel bei den Ärzten hin? Bei dieser Frage müssen wir auch die Kassenärztliche Vereinigung mit ins Boot holen.

Ihre Vorgängerin, Frau Özkan, hat auf die drei Gesundheitsregionen gesetzt.

Ein solches Projekt auf den Weg zu bringen ist grundsätzlich richtig. Das Projekt sollte erweitert werden. Aber als Betriebswirtin muss ich sagen: Die Hausärzte sind der Engpassfaktor der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum und müssen deshalb deutlich entlastet werden.

Sie schlagen im Koalitionsvertrag vor, dass auch Pflegedienste ärztliche Aufgaben übernehmen können. Die Idee wird unter Hausärzten wenige Freunde gewinnen. Wie wollen Sie Hausärzte überzeugen?

Es kann nicht darum gehen, den Hausarzt zu ersetzen, sondern nur darum, ihn zu entlasten. So ein Vorhaben müsste natürlich mit der KV und Ärztekammer besprochen werden. Mir geht es vor allem darum, Hausärzte von Management-Aufgaben zu entlasten und Doppelstrukturen abzubauen.

Warum sollte ein Hausarzt 30 Kilometer über Land fahren, um einen Verband zu wechseln, wenn eine gut ausgebildete Fachkraft das tun kann? Und dass die Ärzte Entlastung brauchen, wissen sie bei ihren Arbeitszeiten selber.

Die Erfahrungen mit dem Delegationsmodell in Niedersachsen (MoNi) zeigen, dass die Ärzte in der Praxis Delegation sehr wohl zu schätzen wissen. Das sollte ausgebaut werden.

Was meinen Sie mit der Ausweitung des Projekts Gesundheitsregionen?

Die Kommunen könnten sich zum Beispiel früh mit Medizinstudierenden in Verbindung setzen und ihnen zeigen, wo sie sich nach Ende des Studiums niederlassen können. Gegen eine Zusage der Niederlassung könnte dann von der Kommune Geld für das Medizinstudium fließen.

Einige Kommunen gehen hier bereits als Vorbild voran. Außerdem sehe ich für die Telemedizin größere Chancen. Wir werden definitiv zu wenige Hausärzte haben. Da kann Telemedizin, wie das Ambient Assisted Living, also den Alltag mit Hilfe elektronischer Anwendungen zu vereinfachen, große Dienste leisten.

Wie wollen Sie den Ausbau der Regionen konkret anpacken?

Ich habe noch nicht mit den zuständigen Verwaltungsorganen und Menschen gesprochen. Das wäre überhaupt der schwerste Fehler zum Beginn - nicht auf die Fachleute zu hören.

Sie haben im Koalitionsvertrag weitere Lehrstühle für Hausarztmedizin angekündigt. Wie wollen Sie das bezahlen?

Wir werden noch hart mit dem Finanzminister zu ringen haben, um Prioritäten zu setzen bei den Projekten, die wir haben. Ein Projekt ist in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Studiengebühren in Niedersachsen.

Was die neuen Lehrstühle für Allgemeinmedizin angeht, werden wir uns mit der Kollegin aus dem Wissenschaftsministerium auseinander setzen. Auch hier wird man den sozialen Bereich unterstützen wollen. Denn der demografische Wandel ist ein Querschnittsthema aller Ressorts, ein sehr klarer Schwerpunkt der Staatskanzlei.

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