Ein Zusatzgeschäft, in das man sich einarbeiten muss

2005 begann der im münsterländischen Freckenhorst ansässige Apotheker Ralf Eversmeyer, einen Kompetenzschwerpunkt rund um Tiermedizin aufzubauen. Unter dem Label "Stallapotheke" werden Kunden sowohl stationär bedient als auch im Versand.

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Apotheker Plus: Wie kamen Sie dazu, sich eingehender mit Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln für Tiere zu befassen?

Eversmeyer: Zunächst durch mein Hobby Reiten und die Erfahrung, wie wenig in Reiterkreisen bekannt war, dass man viele Produkte und Präparate nicht nur bei Tierärzten, sondern auch in der Apotheke kaufen kann.

Außerdem hatten wir Mitarbeiter, die aus der Landwirtschaft kamen und Homöopathika für ihre Tiere geholt haben. Dadurch bekamen wir mit, wie sehr Tierhalter auf Naturheilkunde setzen.

Apotheker Plus: Gibt es dabei Synergien zwischen stationärem Geschäft und Versand?

Eversmeyer: Viele Kunden, die ihre Humanarzneimittel bei uns holen, kaufen dann auch noch Produkte für ihre Haustiere mit ein. Häufig haben wir unser Angebot aufgrund von Anwendererfahrungen, die hier in der Apotheke natürlich viel stärker als im Versand kommuniziert werden, erweitert oder auch reduziert.

Oder man macht mal eine regionale Aktion, beispielsweise zum Thema "Bremsenplage", testet, welche Produkte bei Pferdehaltern gut ankommen und überträgt das dann auf das Versandangebot. Über den Versand machen wir die Menge.

Apotheker Plus: In welcher Größenordnung spielt sich Ihr Tiergeschäft inzwischen ab?

Eversmeyer: Das ist ein Zusatzgeschäft, man muss es mögen, sich hineindenken, der Lernprozess ist für uns noch lange nicht abgeschlossen. Wenn jemand Spaß an Homöopathie und Naturheilkunde hat, sollte er sich auch um solch einen Nischenmarkt bemühen. Man sollte dann aber auch Gängeleien durch Aufsichtsbehörde oder Apothekerkammer ertragen können.

Und man muss aufpassen, wirklich konsequent in der Beratung zu bleiben und nicht in die Diagnostik abzugleiten. Manche Tierhalter versuchen einen auf dieses Eis zu ziehen, weil sie die Kosten einer tierärztlichen Konsultation sparen wollen.

Apotheker Plus: Wo wollen Sie mit Ihrer ‚Stallapotheke‘ hin? Ist das ein Versuchsballon oder kann sich das zu einem Standbein Ihrer Apotheke entwickeln?

Eversmeyer: Das Geschäft ist nachhaltig und erfolgreich. Durch den Versand kann man eine überregionale Größe erzielen und die jetzt vom Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeiten eröffnen uns neue Chancen. Allerdings haben wir keinen Fünfjahresplan aufgestellt, sondern verfolgen eine evolutionäre Strategie.

Vieles hängt ja von der Politik der Hersteller ab. Beispielsweise beliefern uns einige Firmen nicht, die im Veterinärmarkt als feste Größe etabliert sind. Durch diese Boykotte sind uns einige Märkte akut versperrt. Bekämen wir die Sachen, würde sich unser Geschäft in ganz anderen Dimensionen bewegen. Das betrifft vor allem hochwertige Nahrungsergänzungsmittel.

Apotheker Plus: Welche Erfahrungen machen Sie mit Tierärzten? Die haben sich ja vehement gegen die Versanderlaubnis für Apotheken gesperrt.

Eversmeyer: Das ist richtig. Aber hier in der Gegend haben wir ein ausgesprochen gutes Verhältnis zu den Veterinären. Wir haben viel Know-how durch den Austausch mit ihnen gewonnen.

Apotheker Plus: Welchen Stellenwert messen Sie dem Versand verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel zu?

Eversmeyer: Bislang keinen. Das Aufkommen ist nahezu nicht existent. Wir versenden deshalb ausschließlich nicht verschreibungspflichtige Tierarzneimittel sowie Nahrungsergänzungsmittel. Im Veterinärgeschäft fehlt einfach noch die entsprechende Rezeptierungskultur.

Apotheker Plus: Insgesamt eine Sache, die Spaß macht?

Eversmeyer: Auf jeden Fall, gerade wenn man eine Affinität zu Tieren hat. Die würde ich allerdings ohnehin als Voraussetzung ansehen, denn das Thema Tierarznei ist nichts, was sich organisch einem bestehenden Sortiment anschließt wie ein neues Kosmetikdepot.

Viele Wirkstoffe, die in der Veterinärmedizin eingesetzt werden, werden in den klassischen pharmazeutischen Lehrbüchern nicht erklärt. Um hier kompetent auftreten zu können, muss man schon noch mal Fachliteratur in die Hand nehmen.

Das Interview führte Christoph Winnat.

 

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