Anhörung zu Werbeverboten

Experten rügen Schlupflöcher für Werbung

Am Donnerstag will der Bundestag schärfere Werbeverbote beschließen. Es bleiben Regelungslücken, warnen Sachverständige.

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Bringt der Tabak wirklich „Good Times“ für die Raucher? Experten meinen Nein, der Bundestag will ein schärferes Tabakwerbeverbot beschließen.

Bringt der Tabak wirklich „Good Times“ für die Raucher? Experten meinen Nein, der Bundestag will ein schärferes Tabakwerbeverbot beschließen.

© Norbert Schmidt/picture alliance

Berlin. Auch mit den geplanten Verschärfungen bei der Tabakwerbung bleiben Regelungslücken zu Lasten des Jugendschutzes. Darauf haben Sachverständige am Montag anlässlich der Anhörung im Landwirtschaftsausschuss verwiesen. Der Bundestag will am Donnerstag die Vorlage abschließend beraten.

Dr. Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) begrüßte zwar mit Blick auf den Jugendschutz, dass Werbebeschränkungen auch für Tabakerhitzer und elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter gelten sollen. Allerdings seien wichtige „Werbekanäle“ nicht vom Gesetzentwurf erfasst. Das gelte für Werbung am Verkaufsort, für Sponsoring, für die Auslage von Tabakerzeugnissen am Verkaufsort und für Zigarettenautomaten. „Werbeverbote wirken umso besser, je umfassender sie sind“, so Mons in ihrer Stellungnahme.

Weiterhin Werbung an Gebäudeaußenflächen erlaubt

So soll in den rund 9000 Tabak-Fachgeschäften weiterhin Werbung an Gebäudeaußenflächen erlaubt sein. Mons verwies darauf, dass es zudem über 40.000 Schreibwaren- und Lebensmittelgeschäfte sowie Tankstellen gibt, die auch Tabakwaren verkaufen. Sie forderte daher eine enge Definition der Ausnahmen für Gebäudeaußenwerbung im Fachhandel.

Kritik entzündet sich auch an den Übergangsfristen. So soll Außenwerbung erst ab Anfang 2022 verboten werden. Das Verbot für Tabakerhitzer soll ab Januar 2023 greifen, das für E-Zigaretten und Nachfüllbehälter erst ab Anfang 2024. Damit könnten in den kommenden Jahren Jugendliche noch nikotinsüchtig und zum Rauchen animiert werden, so Dr. Tobias Effertz vom Institut für Recht der Wirtschaft an der Universität Hamburg. . Dies dürfe gerade angesichts der „zunehmenden Befundlage zu den Gesundheitsrisiken der E-Zigarette nicht in Kauf genommen werden“.

Raucherquote mit 28 Prozent vergleichsweise hoch

In Deutschland ist die Raucherquote mit 28 Prozent im internationalen Vergleich sehr hoch und seit Jahren konstant, so Professor Martin Storck von der Klinik für Gefäß- und Thorax-Chirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe. Allein Werbeverbote würden nicht in „großem Maße zum Rauchstopp“ führen.

Storck warb daher für einen „Risikominimierungsansatz“: Zwar seien E-Zigaretten und Tabakerhitzer „keine gesunden, risikofreien Produkte“. Diese Produkte aber gleich wie konventionelle Zigaretten zu behandeln, sei „nicht unbedingt sinnvoll, denn sie unterscheiden sich erheblich im Risikopotenzial“. Dieser Unterschied werde im Gesetzentwurf mit Blick auf die Übergangsfristen für Werbeverbote „nicht ausreichend gewürdigt“.

Denn ein Werbeverbot schränke auch die Möglichkeiten für Zigarettenraucher ein, „über risikoreduzierte Methoden ausreichend informiert zu werden“. (fst)

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