Das Projekt steht seit Jahren auf der Agenda: die Reform der GOÄ. Doch Ärzte, Zahnärzte und PKV steuern auf eine Konfrontation zu. Rösler ist in der Zwickmühle.

Von Helmut Laschet

Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte es einen Reformanlauf gegeben. Doch bereits der Versuch, die Gebührenordnung für Zahnärzte zu reformieren, scheiterte. Und damit auch eine Runderneuerung der zuletzt 1983 novellierten GOÄ. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, der das Schicksal der PKV ziemlich egal war, verlor die Lust an dem Projekt und hinterließ die Arbeit ihrem Nachfolger Philipp Rösler.

Der sieht sich nun mit zwei Lagern konfrontiert, deren Ausgangpunkte für eine Reform weit auseinanderliegen und nur schwer vereinbar sind.

Einigkeit besteht nur darüber, dass die GOÄ dringend novelliert werden muss. Das Leistungsverzeichnis ist hoffnungslos veraltet. Innovationen, die über Analogbewertungen in das Gebührenwerk aufgenommen werden, sind kaum zutreffend abgebildet und bewertet. Die sprechende Medizin ist unterbewertet. Immer häufiger kommt es zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Versicherten und Versicherungen - im Kostenerstattungssystem stets zu Lasten der Patienten, die am Ende aber auch Ärzten die Schuld geben, wenn Leistungen nicht erstattet werden oder die Erstattung vor Gericht erstritten werden muss.

Aus der Sicht der privaten Krankenversicherung muss vor allem die Kostenentwicklung begrenzt werden. Sie begründet dies damit, dass die PKV den Ärzten im Schnitt ein gut doppelt so hohes Honorar wie die gesetzliche Krankenversicherung bietet. Und eindrucksvoll klafft die Ausgabenentwicklung zwischen GKV und PKV auseinander. Im Zehn-Jahres-Zeitraum von 1999 bis 2009 legte das Privathonorar je Versichertem um 48,7 Prozent zu, während die Erlöse je Kassenpatient nur um 24,4 Prozent stiegen. Die PKV hegt den Verdacht, dass niedergelassene Ärzte die Kostendämpfung bei den gesetzlichen Kassen über ihre Privatpatienten zu kompensieren versuchen.

Auch wenn die Kostenentwicklung 2010 abgeflacht ist: Die Vermutung ist nicht ganz unbegründet. Obwohl Privatpatienten nur gut zehn Prozent aller Patienten ausmachen, hält eine Mehrheit der Ärzte sie für entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg. Die PKV will mit ihrem Reformmodell drei Leistungstypen schaffen:

  • Zeitleistungen: Das sind Gesprächs- und Untersuchungsleistungen, bei denen der Zeitaufwand direkt in Rechnung gestellt werden soll. Die Anwendung eines Steigerungssatzes soll dann nicht mehr notwendig sein.
  • Spezielle diagnostische Einzelleistungen: Sie sollen sich in einen technischen und ärztlichen Anteil aufgliedern. Ein Steigerungsfaktor ist nur für den ärztlichen Leistungsanteil vorgesehen.
  • Leistungskomplexe: Sie sind beispielsweise für bei einer Operation typische Arbeitsabläufe vorgesehen.

Die Bundesärztekammer lehnt dies ab. Sie befürchtet, dass zu viele Elemente der GKV-Vergütungssystematik in die Privatgebührenordnung geraten. Aus Sicht der Ärzte muss die GOÄ Hochleistungsmedizin abbilden, und zwar an den individuellen Bedürfnissen des Patienten orientiert. Dazu hat die BÄK ein komplett neues Leistungsverzeichnis mit aktuellen Bewertungen entwickelt. Einstweilen offen ist, was das kostet.

Zur Jahresendausgabe 2010 der "Ärzte Zeitung" mit allen Artikeln

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