GKV kompromisslos - Glaxo zieht Retigabin zurück

MÜNCHEN (cw). Die Frühe Nutzenbewertung ist einer weiteren Innovation zum Verhängnis geworden: GlaxoSmithKline nimmt Trobalt® vom Markt. Ab Ende Juni ist das Antiepileptikum in Deutschland nicht mehr erhältlich.

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Die Zentrale von GlaxoSmithKline in München.

Die Zentrale von GlaxoSmithKline in München.

© Sigi Mueller

Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) für Trobalt® (Retigabin) keinen Zusatznutzen erkennen wollte, verzichtet GSK jetzt auf Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband und wählt die Option, das Präparat nicht weiter zu vermarkten.

Einen Kompromissvorschlag GSKs hatte der Spitzenverband zuvor aus formalen Gründen abgelehnt. Demnach hätte das Unternehmen den Kassen bis zur Neubewertung von Retigabin die Differenz zu einem Preis auf Generikaniveau rückerstattet.

Im Gegenzug sollte das Produkt in der Lauer-Taxe weiterhin nur unter dem Listenpreis aufgeführt bleiben. Damit wollte GSK die Preisbildung in anderen Ländern stützen, die auf den deutschen Markt referenzieren.

"Die Entscheidung, das Mittel aus dem Vertrieb zu nehmen, ist uns nicht leicht gefallen", versicherte Marketingleiter Dr. Michael Lang. An die Krankenkassen appellierte Lang, vernünftige Lösungen zur Versorgung für die rund 1000 Patienten zu finden, die bereits auf Retigabin eingestellt wurden. Denkbar wären Einzelimporte.

GKS: Therapeutischer Fortschritt in anderen Ländern anerkannt

GSK will nun die frühe Nutzenbewertung für Trobalt® "so schnell wie möglich" neu starten. Dem haben GBA und GKV-Spitzenverband bereits zugestimmt. Allerdings, so Lang weiter, steht und fällt die künftige Vermarktung dieser Innovation "mit einer einvernehmlichen Absprache der zweckmäßigen Vergleichstherapie".

Dem GBA wirft Lang vor, dass der von ihm verlangte Vergleich zwischen Retigabin und den festbetragsgeregelten Wirkstoffen Lamotrigin bzw. Topiramat die medizinische Realität nicht widerspiegele.

In anderen Ländern, die bereits jahrelange Erfahrungen mit Nutzenbewertungen haben, sei der therapeutische Fortschritt, den Retigabin darstelle, durchweg anerkannt, so Lang. Beispielhaft nannte er Großbritannien, Schweden, Schottland und die Niederlande.

GBA: Zusatznutzen "nicht belegt"

Trobalt® ist als Zusatztherapie gegen Krampfanfälle bei Epileptikern ab 18 Jahren zugelassen.

Der GBA hatte Anfang Mai seinen Beschluss zu Retigabin veröffentlicht und konstatiert, ein Zusatznutzen sei als "nicht belegt" anzusehen, "da die erforderlichen Nachweise nicht vollständig vorgelegt worden sind".

Verlangt hatte der GBA Vergleiche zwischen Trobalt® und Lamotrigin bzw. Topiramat, wenn Lamotrigin als Monotherapie angewandt wird. Vorgelegt hatte GSK jedoch einen Vergleich gegen Lacosamid.

Die in der mündlichen Anhörung dann nachgereichten Daten zum Vergleich mit Lamotrigin/Topiramat wurden vom GBA nicht mehr berücksichtigt.

Sollten sich GSK und GBA auf eine Vergleichstherapie einigen und dann eine erneute Bewertung stattfinden, könnte es zwischen einem und eineinhalb Jahren dauern, bis das Mittel in Deutschland wieder in den Handel gelangt.

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