Bund-Länder-Pakt steht

Gesundheitsämter erhalten Milliardenspritze vom Bund

Nachverfolgen, informieren, beraten: Die Gesundheitsämter spielen im Kampf gegen Corona eine wichtige Rolle. Bundeskanzlerin Merkel verspricht Milliardenhilfen und Tausende neue Stellen.

Von Thomas Hommel Veröffentlicht:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag zu Beginn einer virtuellen Konferenz mit Vertretern des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag zu Beginn einer virtuellen Konferenz mit Vertretern des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.

© Michael Sohn/dpa

Berlin. Mit einer dicken Finanzspritze will der Bund die rund 400 Gesundheitsämter in Deutschland über die Corona-Pandemie hinaus personell und digital besser aufstellen. „Wir wollen viel Geld in die Hand nehmen“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Auftakt einer Online-Konferenz zur Zukunft des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) am Dienstag in Berlin.

Konkret schnüre der Bund im Rahmen des Bund-Länder-Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst ein Unterstützungspaket von rund vier Milliarden Euro, kündigte Merkel an. Mit den Mitteln sollten in den nächsten Jahren unter anderem 5000 neue Stellen im ÖGD geschaffen werden. Deutschland brauche nicht nur gute Individualmedizin, sondern auch eine gute Medizin „für die Gemeinschaft“.

Kanzlerin lobt ÖGD-Mitarbeiter

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie leisteten die Mitarbeiter des ÖGD Tag für Tag „Ungewöhnliches“, lobte die Kanzlerin. „Sie helfen, Kontakte von Neuinfizierten nachzuvollziehen und Infektionsketten zu unterbrechen.“ Die Ämter hätten wesentlichen Anteil daran, dass Deutschland das Infektionsgeschehen weitgehend unter Kontrolle habe halten können.

Die Corona-bedingten Aufgaben mündeten allerdings in einem „unfassbaren Mehraufwand“ für den ÖGD, sagte Merkel. Gesundheitsämter in Regionen mit hohen Infektionszahlen stießen dabei mitunter an personelle und technische Grenzen. Auch die digitale Ausstattung der Ämter lasse „durchaus zu wünschen übrig“. Die Mitarbeiter der Gesundheitsämter wüssten selbst am besten, wo der Schuh am meisten drücke. „Wir wollen in einen Austausch treten.“

ÖGD erhält Geld für Digitalisierung und mobile Teams

Der Bund habe in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Maßnahmen in die Wege geleitet, um den ÖGD auszubauen, erinnerte Merkel. Das Gesundheitsministerium etwa finanziere 105 mobile Teams sogenannter „Containment-Scouts“. Die Teams flankierten die Gesundheitsämter zumindest zeitweise bei der Kontaktnachverfolgung. Mit dem zweiten Pandemie-Gesetz stelle die Bundesregierung zudem 50 Millionen Euro für die Digitalisierung der Gesundheitsämter bereit. „Ich glaube, hier haben wir noch viel zu tun“, betonte Merkel.

„Wir müssen die Arbeitsbedingungen grundlegend verbessern“, stellte auch der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) klar. Im Freistaat wolle die Landesregierung 4000 neue Stellen im gesamten ÖGD schaffen, 750 davon über den bundesweiten Unterstützungspakt. Den ÖGD brauche es auch in der Zukunft, unterstrich Söder. „Dies wird nicht die letzte Pandemie sein, Corona ist noch lange nicht vorbei.“ Die Gesundheitsbehörden dürften bei ihrer Arbeit nicht allein gelassen werden. „Auch die Bezahlung muss entsprechend gut sein, um attraktiv für den Nachwuchs zu sein.“

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte, es sei Deutschland gelungen, das Gesundheitssystems vor Überlastung zu schützen. Corona führe aber auch vor Augen, wo man besser werden müsse.

„ÖGD über Jahre kaputtgespart“

„Viele dieser Überlegungen führen direkt zu den Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes“, sagte Tschentscher. Der ÖGD sei in der Pandemie besonders gefordert, dennoch leiste er „hervorragende Arbeit“. Die Mitarbeiter der Ämter stünden „an der Front der Pandemie-Bekämpfung“. Dafür brauche es qualifiziertes Personal und moderne, digitale Technik“. In Hamburg würden Ärzte für den ÖGD nach den im Krankenhaus üblichen Tarifen eingestellt.

Zuletzt hatte die Bundesärztekammer einen eigenen Tarifvertrag für ÖGD-Ärzte angemahnt. Auch der Marburger Bund hatte bessere Arbeitsbedingungen und einen arztspezifischen Tarifvertrag gefordert.

Die Linksfraktion kritisierte, der ÖGD sei kaputtgespart worden. „Das rächt sich nun“, sagte der Sprecher für Gesundheitsförderung und Prävention, Harald Weinberg. Grünen-Politikerin Dr. Kirsten Kappert-Gonther, sagte, die Mittel kämen zu spät, und seien zu gering und es fehle die „Absicherung in die Zukunft“.

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