Pharmastandort Deutschland

Gesundheitsausschuss winkt geändertes Medizinforschungsgesetz durch

Das Medizinforschungsgesetz kann verabschiedet werden. Im Laufe der parlamentarischen Beratungen musste der Entwurf Federn lassen. Wohl auch deshalb blieb bei der Industrie die ganz große Begeisterung nach der heutigen Beschlussfassung im Gesundheitsausschuss aus.

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Klinische Arzneimittelentwicklung soll in Deutschland wieder attraktiver werden. Das ist das eigentliche Ziel des Medizinforschungsgesetzes.

Klinische Arzneimittelentwicklung soll in Deutschland wieder attraktiver werden. Das ist das eigentliche Ziel des Medizinforschungsgesetzes.

© Soeren Stache / ZB / picture-alliance

Berlin. Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat am Mittwoch erwartungsgemäß das Medizinforschungsgesetz mit den zu Wochenbeginn vorgelegten Änderungsanträgen gebilligt. Der Gesetzentwurf soll am Donnerstag im Plenum verabschiedet werden.

Mit der Novelle sollen die Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten verbessert werden. Klinische Prüfungen sollen „vereinfacht, entbürokratisiert und beschleunigt werden“, wie es in einer Parlamentsmitteilung heißt.

Bis zuletzt umstritten war die Einführung vertraulicher Erstattungspreise für neue, patentgeschützte Arzneimittel. Die Vorschlagsversion des Gesundheitsministeriums wurde in der parlamentarischen Beratung kräftig gestutzt. Danach sollen sich Hersteller lediglich bis Ende Juni 2028 entscheiden können, Erstattungsbeträge unter Verschluss zu halten.

Die Berichterstatterin für Arzneimittel und Medizinprodukte der Grünen Bundestagsfraktion, Dr. Paula Piechotta, hatte das Vorhaben wiederholt kritisiert und nahm auch anlässlich der Beschlussfassung im Gesundheitsausschuss kein Blatt vor den Mund: „Wir haben den unsäglichen Vorschlag geheimer Arzneimittelpreise stark beschnitten, den das gesamte Gesundheitswesen inklusive der Mehrzahl der Hersteller abgelehnt hat.“ Diese Option werde „nur für dreieinhalb Jahre gelten und dann automatisch auslaufen“.

„Regierungsentwurf mehr als unausgewogen“

Auch in anderen Punkten, so Piechotta weiter, „war der Regierungsentwurf mehr als unausgewogen. In diesem Gesetz mussten wir als Abgeordnete viel neu verhandeln“. Unter anderem sei jetzt auch die Besetzung der Bundesethikkommission dahingehend angepasst worden, „dass die Mitglieder deutlich unabhängiger vom Gesundheitsminister ernannt werden“.

Die im Parlament überarbeitete Gesetzesfassung sei „zielgerichteter in der Lage, Arzneimittel-Investitionen ins Land zu holen als die Ideen aus dem Kanzleramt und dem Bundesgesundheitsministerium“, ist Piechotta überzeugt. Gleichzeitig würden die Interessen der Versicherten angemessener berücksichtigt.

Abschließender Seitenhieb der grünen Gesundheitsexpertin an das Lauterbach-Ressort: „Ich hoffe, dass die nächsten Gesetzentwürfe der Bundesregierung das Parlament wieder mit höherer Qualität erreichen, als wir das bei diesem Gesetz erleben mussten.“

vfa: Rahmenbedingungen werden besser

Zustimmung zum Medizinforschungsgesetz kam am Mittwoch erneut auch aus Industriekreisen. „Mit dem Gesetz werden die Rahmenbedingungen für die Arzneimittelentwicklung in Deutschland deutlich verbessert“, lobte etwa Han Steutel, Präsident des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa). Studiengenehmigungverfahren würden gestrafft und die bisweilen „überlangen Vertragsverhandlungen zwischen Herstellern und deutschen Kliniken über klinische Studien“ durch Mustervertagsklauseln abgekürzt.

Ausführlich widmete sich Steutel in seiner Stellungnahme der Aufhebung der sogenannten „Leitplanken“. Diese vergleichsweise restriktiven Rabattvorgaben zur Preisbildung neuer Präparate ohne nennenswerten Zusatznutzen sollen künftig entfallen, wenn produktbezogen fünf Prozent der klinischen Forschung (nach Probanden) an deutschen Zentren stattfand. Auch diese Neuerung kam erst mit den jüngsten Änderungsanträgen ins Gesetz.

Allerdings sei die Fünf-Prozent-Quote „zu ambitioniert“. Viele Unternehmen könnten diese Vorgabe rückwirkend nicht erfüllen. „Sie erfordert einen mehrjährigen Vorlauf“, so Steutel weiter, der dafür plädiert, dass die Leitplanken „mindestens drei Jahre ganz ausgesetzt werden“.

BPI: Geheimpreise jetzt „noch unattraktiver“

Auf den revidierten Zuschnitt vertraulicher Erstattungsbeträge ging Steutel mit keinem Wort ein. Dafür der Pharmaverband BPI, der in seiner Stellungnahme am Mittwoch bekräftigte, Geheimpreise seien „nur in Einzelfällen für die pharmazeutische Industrie relevant“, da sie „die Erlössituation der Unternehmen zusätzlich belasten“.

Der jetzt im Gesetzgebungsverfahren ergänzte, bei Vertraulichkeit obligatorische Zusatzrabatt (9,0 Prozent) auf den Erstattungsbetrag mache die Sache „noch unattraktiver“. Interessant könnten Geheimpreise lediglich dann sein, so der BPI weiter, „wenn sie überhaupt erst Therapien in Deutschland verfügbar machen“, deren hiesige Markteinführung „andernfalls aufgrund der internationalen Preis-Referenzierung gefährdet wäre“. (cw)

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