Finanzkommission Gesundheit
Gesundheitsministerin Warken will schnelle Ergebnisse sehen
Zehn Experten sollen sich den Kopf darüber zerbrechen, wie das Gesundheitssystem wirtschaftlicher arbeiten könnte. Erste Ergebnisse will die Ministerin schon bis März 2026 sehen.
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Noch guter Dinge: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat am Donnerstag die erste Sitzung der Finanzkommission Gesundheit eröffnet.
© Bernd von Jutrczenka/dpa
Berlin. Die Bundesgesundheitsministerin plant ein Reformpaket zur Umstrukturierung des Gesundheitssystems. Dazu zählen die Einführung eines Primärarztsystems, die Notfall- und Rettungsdienstreform, die Apothekenreform, die Gewinnung von Fachkräften und auch der Zukunftspakt Pflege.
Dabei helfen soll die „FinanzKommission Gesundheit“, ein Gremium aus zehn Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen, das am Donnerstag zu seiner ersten Sitzung in Berlin zusammentrat. Auch die Sozialpartner und Leistungserbringer sollen eingebunden werden.
„Wir brauchen jetzt Reformen, um das bis Ende kommenden Jahres voraussichtlich in zweistelliger Höhe aufgelaufene Defizit auszugleichen“, sagte Warken am Donnerstag im Bundesgesundheitsministerium.
„Ich erwarte Ende März kommenden Jahres Maßnahmenvorschläge“, sagte Warken. Dann soll die Kommission unterbreiten, wie sich die Kassenbeiträge ab 2027 stabilisieren lassen – und zwar ohne Beitragserhöhungen.
Kommission arbeitet mindestens 15 Monate
Die Arbeit der Kommission ist damit nicht beendet. Bis zum Ende des Jahres 2026 sollen weitere Vorschläge zur langfristigen Stabilisierung der GKV folgen. Warken verwies darauf, dass sie somit gegenüber den Vorgaben des Koalitionsvertrags Tempo macht. Die Vereinbarungen von Union und SPD sehen Vorschläge erst für den Verlauf des Jahres 2027 vor.
Auch die Änderungen an der Krankenhausreform sollen in absehbarer Zeit angegangen werden. Ziel sei, die Novembersitzung des Bundesrats zu erreichen. Dies erfordert dann aber eine Einigung im Kabinett im Oktober.
In der Opposition stößt das Vorgehen der Ministerin auf Unverständnis: „Die Kommission kommt viel zu spät – und sie ist erstaunlich zusammengesetzt“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Janosch Dahmen, der Ärzte Zeitung.
Sollen Experten ihre alten Empfehlungen abschreiben?
Viele Mitglieder seien aktuelle oder ehemalige Mitglieder des Sachverständigenrats Gesundheit, die die meisten der jetzt gestellten Fragen längst in Gutachten beantwortet haben. Wenn diese Expertinnen und Experten nun erneut ihre alten Empfehlungen abschreiben sollen, vergrößere das nur das Umsetzungsdefizit und koste wertvolle Zeit, so Dahmen.
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Mit einem Strauß an kurzfristigen Maßnahmen ließen sich sofort mehr als acht Milliarden Euro einsparen – etwa durch wirksame Preisregeln für Arzneimittel, Anpassungen bei Hilfsmitteln und Akutterminen oder eine konsequente Umsetzung der Krankenhausreform mit klaren Mindestvorhaltezahlen, sagte Dahmen. Auch die Notfall- und Rettungsdienstreform liege längst beschlussfertig im Ministerium. Sie würde helfen, jährlich fünf Milliarden Euro einzusparen.
Kassen rechnen nicht mit schnellen Entscheidungen
Von der Hoffnung auf schnelle Finanzhilfen haben sich die Krankenkassen verabschiedet. „Trotz der unzähligen Beschwörung herbstlicher Dynamik ist derzeit leider nicht mehr mit schnellen Entscheidungen zu rechnen“, sagte Dr. Carola Reimann, Vorstandschefin des AOK-Bundesverbandes am Mittwochabend bei einer AOK-Veranstaltung in Berlin. Sie erwarte ein „zähes Ringen um Kompromisse mit ungewissem Ausgang“.
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Die Stabilisierung der GKV-Finanzen bezeichnete sie als übergeordnetes Ziel, Wünsche und Begehrlichkeiten der Leistungserbringer“ müssten hintangestellt werden. Reimann verwies auf die bestehende Expertise im Gesundheitssystem. „Nicht alles muss neu erfunden und neu diskutiert werden. Es muss aber politisch sortiert und es muss entschieden werden.“
Pantazis: Beitragszahler sind in Vorleistung gegangen
Auch Christos Pantazis, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, betonte: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“. Die GKV-Finanzsituation bezeichnete er in einer Rede bei der AOK-Veranstaltung als dramatisch. Beitragssatzerhöhungen zum Januar 2026 und auch für 2027 seien nicht auszuschließen. Der SPD-Politiker formulierte aber das Ziel: „Die Beitragszahler sind schon in Vorleistung gegangen. Sie dürfen nicht noch weiter belastet werden.“ Es brauche „echte Reformen“, um die Zukunftsfähigkeit des Systems zu erhalten. (gab/af)