Dr. Google

Gesundheitswissen: Neue Konzepte gefragt

Google und soziale Netzwerke können bei der Suche nach Hintergrundinformationen bei einer Erkrankung nur sehr begrenzt helfen.

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BERLIN. Gesundheit hat für viele Deutsche einen immer höheren Stellenwert, aber oft fehlen verlässliche Informationen dazu – gerade online. Das war die einhellige Meinung auf einer Podiumsdiskussion in Berlin, die im Rahmen der Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Vereins Healthcare Frauen stattfand, einem Netzwerk für die Gleichstellung weiblicher Führungskräfte in der Gesundheitswirtschaft. "Ich finde es gut, dass sich die Leute bei Google informieren", sagte Professorin Ilona Kickbusch, Initiatorin der Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung. "Aber es ist schlecht, dass es keine verlässlichen Portale gibt."

Ähnlich äußerte sich Dr. Michael Flegel vom Unternehmen Ursapharm Arzneimittel. "Die Menschen informieren sich online und in sozialen Netzwerken", sagte er. Die Industrie bediene sich dagegen der althergebrachten Informationskanäle. Es gebe allerdings auch rechtliche Hindernisse für ein Online-Engagement von Unternehmen, namentlich das Werbeverbot.

"Wir als Hersteller dürfen zu einem einzelnen Wirkstoff nichts sagen", sagte er. Die Information über soziale Netzwerke führe aber dazu, dass Patienten verunsichert werden, weil sich nach Flegels Erfahrung in einschlägigen Foren meist Menschen austauschen, die schlechte Erfahrungen gemacht haben. "Deshalb sage ich, wir brauchen ein Angebot, das die Menschen in Echtzeit anspricht."

Flegel verwies auf die Allianz für Gesundheitskompetenz des Bundesgesundheitsministeriums , die sich eine Stärkung des Gesundheitswissens in Deutschland auf die Fahnen geschrieben hat. Im Zuge dessen hat das Bundesgesundheitsministerium das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit damit beauftragt, bis 2018 ein Konzept für ein nationales Gesundheitsportal zu erstellen. "Das Portal soll vertrauenswürdige, wissenschaftlich belegte und unabhängige Gesundheitsinformationen zusammenführen", heißt es beim Ministerium.

Dr. Christine Klapp, Vorstand der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung (ÄGGF), sagte, gesundes Leben sei nicht nur eine Frage der richtigen Information, sondern auch des Geldbeutels. "Es gibt zunehmend Menschen, die sich eine gesunde Ernährung nicht leisten können." Der Vorteil der Arbeit der ÄGGF in den Schulen sei, dass so auch Kinder aus Familien mit geringem Einkommen erreicht werden.

Dr. Isabella Erb-Herrmann, Vorstandsbevollmächtigte der AOK Hessen, beklagte eine nahezu unlimitierte Anspruchshaltung von Patienten. Einen Anreiz in Form eines verringerten Beitrags für Kassenpatienten, die unterdurchschnittlich viele Leistungen in Anspruch nehmen, hält sie aber für falsch. "Unser solidarisch finanziertes System spricht dagegen", sagte sie. "Daran sollte man nicht rütteln."

Zur Förderung von Gesundheitskompetenz durch die GKV sagte sie, das finde schon heute statt. Als Beispiel nannte sie fremdsprachige Telefon-Hotlines für Diabetes-Patienten bei der AOK. Andererseits müsse klar sein, dass jeder zu einem gewissen Grad für seine Gesundheit selbst verantwortlich ist. "Wir wollen den Versicherten nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben", sagte Erb-Herrmann. (tau)

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