Gröhes Sommerreise

Große Hoffnungen auf "Genschere"

Die CRISPR-Cas9-Methode könnte auch therapeutisch nutzen. Entdeckerin Emmanuelle Charpentier hat mit Gesundheitsminister Hermann Gröhe über Chancen und Risiken gesprochen.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (rechts) informiert sich bei Emmanuelle Carpentier (links) über die CRISPR-Cas9-Methode.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (rechts) informiert sich bei Emmanuelle Carpentier (links) über die CRISPR-Cas9-Methode.

© Ärzte Zeitung/ Jana Kötter

BERLIN. Die CRISPR-Cas9-Methode könnte schon in greifbarer Zukunft Eingang in die Therapie finden. Diese Hoffnung betonte Professor Emmanuelle Charpentier am Mittwoch in Berlin. Ein Besuch im Labor der mehrfach ausgezeichneten Wissenschaftlerin und Entdeckerin der "Genschere" bildete den Auftakt der Sommerreise von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Zum kurativen Einsatz könnten bereits in drei bis vier Jahren erste Phase-I-Studien starten, stellte sie bei dem Besuch in Aussicht. Dabei gehe es vor allem um genetisch bedingte Krankheiten wie die Sichelzellenanämie oder Augenerkrankungen. "Es gibt bereits weltweit Interesse in Kliniken, die CRISPR-Cas9-Methode anzuwenden", berichtete Charpentier.

Der RNA-Protein-Komplex CRISPR-Cas9 wurde von ihr in Bakterien entdeckt, die sich damit nach einer Infektion mit Bakteriophagen vor weiteren Angriffen schützen: gewissermaßen ein erworbenes Immunsystem, das die eindringende fremde DNA zerkleinert und damit unschädlich macht (die "Ärzte Zeitung" berichtete).

In der Entwicklung von Forschungsmodellen für die Krebstherapie seien bereits erste Erfolge verzeichnet worden, so Charpentier. Allerdings handelt es sich bisher allein um Grundlagenforschung: Die Methode könne Krebszellen identifizieren und gegen Immunzellen austauschen.Um den Eingang in die Versorgung zu gewähren, sei ein offener Umgang mit solch neuen Technologien nötig, betonte Gröhe bei seinem Besuch.

Er hoffe aufgrund des einfachen und vergleichsweise günstigen Einsatzes von CRISPR-Cas9 vor allem auf Vorteile in der Entwicklung neuer Antibiotika. Er kritisierte mit Blick auf den Umgang mit solch neuen Technologien aber, dass "wir in Deutschland leider dazu tendieren, eher die Risiken als die Chancen zu sehen".Eine zu frühe Ablehnung ersticke die "notwendige Debatte" zwischen Wissenschaft und Ethik aber bereits im Kern.

Charpentier hingegen beobachtet vor allem den entstehenden Markt um die neue Technologie mit Sorge. Noch sei die CRISPR-Cas9-Methode sowohl für Akademiker als auch für Firmen frei verfügbar. Jedoch finde eine Lizenzierung für den Einsatz statt, drei Biotechnologie-Unternehmen wollten aktuell einsteigen, so Charpentier. (jk)

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