Practica 2014

Hausärzteverband sieht die große Koalition an seiner Seite

Der Hausärzteverband sieht seine Klientel durch die große Koalition gestärkt: Wegfall der Hemmnisse für die HzV, massive Förderung der Weiterbildung, Parität in den KVen seien Beleg dafür.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Sieht die KVen unter zunehmendem Druck: Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Hausärzteverbandes.

Sieht die KVen unter zunehmendem Druck: Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Hausärzteverbandes.

© Preuss

BAD ORB. Die beiden Volksparteien CDU und SPD stehen als große Koalition zum ersten Mal gemeinsam "fest auf der Seite der Hausärzte." Beleg dafür ist der Koalitionsvertrag, der jetzt mit dem Versorgungsstärkungsgesetz zur Freude des Hausärzteverbandes Schritt für Schritt konsequent umgesetzt werde.

Dies war eine der zentralen Botschaften, die Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, beim traditionellen berufspolitischen Oktoberfest anlässlich der practica 2014 in Bad Orb an die 1000 Teilnehmer richtete.

Die eindeutige Positionierung hin zu den Hausärzten unterscheide die jetzige Bundesregierung eindeutig von der konservativ-liberalen Vorgängerkoalition.

Weigeldt: "Die waren zwar nett und freundlich, haben aber nichts gemacht." Dies, so Hauptgeschäftsführer Eberhard Mehl, lag auch an den "Milchbubis der FDP, die reine Klientelpolitik betrieben haben."

Hoffnung auf bessere Performance

Aktuell würdigte Mehl bei der practica insbesondere die Rolle von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der als erster Minister seit langem nicht aus dem großen Dunstkreis des "Gesundheitssumpfes" stamme. Mehl: "Der packt die Dinge nicht nur an, sondern setzt sie auch um."

Besonders erfreut ist der Hausärzteverbandes darüber, dass sich der Minister wiederholt - zuletzt am Freitag bei der Hauptversammlung des Hartmannbundes - für die Stärkung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin und der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) ausgesprochen hat.

Im neuen Gesetz werde die HzV allein schon durch die explizite Beibehaltung des Paragrafen 73b sowie dem Wegfall der Refinanzierungsklausel gefestigt.

Weigeldt in Bad Orb: "Die HzV ist kein Momentum mehr, sondern heute bereits die zweite Form der Regelversorgung." Deshalb werde auch der Druck auf die KVen weiter zunehmen.

Überhaupt sei es fraglich, ob die KVen aufgrund der veränderten Bereinigungsregelungen noch Add-on-Verträge abschließen können.

"So wie wir das lesen, ist dass das Ende der Add-on-Verträge", prognostizierte Weigeldt unter großem Applaus der Teilnehmer an den gut gefüllten Biertischen.

Spitzfindig kommentierte Weigeldt auch die im Gesetzesentwurf aufgenommene Neuregelung, wonach bei Ungleichheit der Zahl von Haus- und Fachärzten in den Vertreterversammlungen (VV) eine Stimmengewichtung vorgenommen werden soll, die Parität herstellt.

"Mehr als ein bisschen Mitleid ist da nicht drin", so eine weitere Botschaft Weigeldts an die Kritiker dieser Neuregelung. Und Eberhard Mehl lieferte die Beweggründe für diese plakative Meinungsäußerung gleich nach. In den Vertreterversammlungen werde künftig die Zahl der Hausärzte relativ und absolut sinken.

Mehl: "70 Prozent Fachärzte in den Vollversammlungen, das wird die Zukunft sein." In keiner KV werde es künftig aus Sicht der Hausärzte noch eine "adäquate Konstellation" geben, in denen die Hausärzte hinlänglich repräsentiert sind. Auch in den KVen in Bayern und Sachsen-Anhalt nicht, in denen die Hausärzte bislang noch ein gewichtiges Wörtchen mitreden konnten.

Die rein hausärztlichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), für die das neue Gesetz ebenfalls den Weg ebnen soll, sieht der Hausärzteverband als weitere flexible Option für die nachrückende Allgemeinmediziner-Generation an.

Eine zwingende Notwendigkeit für neue Tarifpartnerschaften sieht der Verband hingegen für die neuen Hausarzt-MVZ's nicht, zumal weder der Marburger Bund noch die KBV noch der Hausärzteverband hier tariffähig seien.

Faire Arbeitsbedingungen

Für Hauptgeschäftsführer Mehl würde ein Kodex, wie ihn der Hausärzteverband gerade für die Assistenten in der ambulanten Weiterbildung auf den Weg gebracht hat, ausreichen. In den Kodex, der einer Selbstverpflichtung gleichkäme, würden Kriterien für ein Mindestgehalt, Arbeitszeit, Urlaub und Fortbildungsverpflichtungen exakt festgeschrieben werden.

Gerade beim Honorar geht Mehl davon aus, dass 80 Prozent der angestellten Ärzte mehr verdienen werden als es im Kodex verankert sein wird. Mehl: "Der derzeitiger Marktdruck für Allgemeinmediziner ist einfach zu groß."

Die geplante Gesetzesänderung bei den Regressen bewerte der Hausärzteverband in Bad Orb eher zurückhaltend. Zwar werde die tatsächliche Regressgefahr wohl weiter reduziert werden.

Ob dies aber auch emotional in den Köpfen gerade von jungen Allgemeinärzten ankommen wird, werde sich erst noch herausstellen müssen.

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