Brandenburg

Hausarzt - verzweifelt gesucht?

Die Beschwerden von Brandenburger Patienten, dass sie keinen Hausarzt finden, der sie versorgt, mehren sich. Sie kommen längst nicht nur aus unterversorgten Regionen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:

POTSDAM. Immer mehr Klagen darüber, dass Patienten keinen Hausarzt finden, gehen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) ein.

Die Beschwerden kommen nicht nur aus unterversorgten Regionen. Darauf wies KVBB-Vize Dipl.-Med. Andreas Schwark bei der Vertreterversammlung im September hin.

Betroffen sind neben dem hausärztlich unterversorgten Bezirk Spremberg im Kreis Spree-Neiße auch Eberswalde, Hennigsdorf und Beeskow/Storkow.

Auch in diesen "vermeintlich gut versorgten Regionen" gibt es laut Schwark "die neue Situation, dass Patienten trotz einer Norm- oder Überversorgung in unmittelbarer Nähe keinen Hausarzt finden".

So beklagt zum Beispiel die Ehefrau eines 87-jährigen multimorbiden Patienten in Beeskow/Storkow gegenüber der KVBB: "Seit einem Umzug vor drei Monaten hat er immer noch keinen festen Hausarzt."

Anzahl der berechtigten Klagen ist unklar

Die Anzahl der Beschwerden ist laut Schwark drastisch gestiegen. Absolute Zahlen nannte er jedoch auch auf Nachfrage nicht, da noch nicht klar sei, wie viele Beschwerden berechtigt sind. Die KVBB geht jeder Klage nach.

Nicht selten sind es Pflegeheime, Bürgermeister, Träger von Alteneinrichtungen, Vereine, die der KVBB von Problemen berichten. Des Öfteren übermittelt auch das aufsichtsführende Landesgesundheitsministerium Beschwerden.

Der märkische KV-Vorstand hat nun die Servicestellenbeiräte eingeschaltet. Schwark appellierte in der VV an die Ärzte, die Beiräte zu unterstützen. Er räumte aber auch ein: "Ich bin mir bewusst, dass dieses Problem auf Dauer nicht von uns Ärzten allein gelöst werden kann."

Drastische Maßnahmen, Ärzte zur Versorgung zu verpflichten, lehnt der KVBB-Vorstand bislang ab. "Verhältnisse wie in Thüringen möchte ich in Brandenburg nicht.

Ich möchte nicht als KV-Vorstand gezwungen sein, Patienten an Praxen zuzuweisen", sagte er. Eine Diskussion über die Situation müsse aber geführt werden. "Ich glaube dass wir es uns nicht leisten können, Patienten solche Odysseen durchleben zu lassen", sagte Schwark.

Hausärzte: Keine einfache Lösung in Sicht

Dass die Lösung nicht einfach wird, zeigte die anschließende Debatte in der VV. Der Vorsitzende des Hausärzteverbands Brandenburg (HÄVBB) Dr. Johannes Becker aus Ruhland sagte: "Wir kriegen das Problem nur monetär geregelt."

Disziplinarmaßnahmen dagegen forderte Dr. Reinhold Schrambke, Hausarzt in Schorfheide: "Es geht nicht nur um Monetik, hier geht es auch um Ethik." Ärzte seien zwar freiberuflich, aber nicht freischaffend.

"Ich bitte den Vorstand zu eruieren, welche Möglichkeiten wir haben zu disziplinieren. Denn es wird unser Berufstand angegriffen", so Schrambke.

Der Potsdamer Allgemeinmediziner Ralf Schürer wies darauf hin, dass die Ablehnung von multimorbiden Patienten auch mit der Angst vor Regressen zu tun habe und forderte deren Abschaffung.

Für das kollegiale Gespräch votierte der Hausarzt Dr. Hanjo Pohle, Vorstandsmitglied in der Brandenburger Ärztekammer und im HÄVBB. "Da muss man sicher mehr sprechen, als Geld rüberreichen.

Denn die, die es betrifft, brauchen das Geld schon gar nicht mehr, sonst würden sie die Patienten ja nehmen. Das geht nur mit persönlichem Gespräch." Er wies darauf hin, dass die Beschwerden über Ablehnungen keine flächendeckende Erscheinung seien, aber Einzelfälle, die sich mehren.

"Geld funktioniert nicht, und Drohungen sollte man noch nicht mal in den Mund nehmen". Schwark bekräftigte, dass auch der KVBB-Vorstand, auf das persönliche Gespräch unter Kollegen setze.

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