Ambulante Versorgung

Henke fordert Entbudgetierung und GOÄ-Novelle

Zur Sicherung der ambulanten Versorgung muss sich im Vergütungssystem der Ärzte einiges ändern, findet Nordrheins Ärztekammer-Präsident Rudolf Henke. Das gelte sowohl für die GKV als auch die PKV.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
ÄKNo-Präsident Rudolf Henke sieht die ausstehende GOÄ-Novelle als „offene Wunde im Gesundheitswesen“.

ÄKNo-Präsident Rudolf Henke sieht die ausstehende GOÄ-Novelle als „offene Wunde im Gesundheitswesen“.

© Jochen Rolfes

Düsseldorf. Die Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) macht sich für den kompletten Wegfall der Budgetierung bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten stark. Die toxischen Wirkungen der Budgets seien nicht nur im hausärztlichen Bereich von großem Übel, sagte ÄKNo-Präsident Rudolf Henke in einer hybriden Pressekonferenz am Dienstag. „Auch im fachärztlichen Bereich gehört die Deckelung der Budgets beendet.“

Das wäre eine Maßnahme zur Stärkung der ambulanten Versorgung. Sie sei auch mit Blick auf die anstehende Krankenhausreform notwendig. Durch den Wegfall von Klinikstandorten mit Notfallambulanzen gewinne eine flächendeckende ambulante Versorgung an Bedeutung. Zudem mache die Ambulantisierung vieler Eingriffe neue Versorgungsstrukturen nötig. „Umso wichtiger ist es, dass wir die ambulante Versorgung durch niedergelassene Kolleginnen und Kollegen jetzt durch ausreichende Anreize stärken, damit Praxen gerade auf dem Land weiter Nachfolger finden.“

Besser über die Indikationsstellung steuern

Statt der Steuerung der Leistungsentwicklung über Budgets sollte es aus Sicht der Ärzteschaft eine Steuerung über die Indikation geben, erläuterte Henke. „Die richtige Indikationsstellung ist wichtiger als der wirtschaftliche Aspekt.“

Wenn man die Ärztinnen und Ärzte zwinge, würden sie immer einen Weg finden, um sich selbst zu helfen. „Aber wird müssen raus aus einer um Kostendeckung ringenden medizinischen Patientenversorgung“, betonte er. „Da braucht es eine Vertrauensentscheidung der Politik gegen die gedeckelten Budgets.“

Veraltete GOÄ bindet Zeit und sorgt für Konflikte

Die immer noch ausstehende Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bezeichnete Henke als „offene Wunde im Gesundheitswesen“. Die Tatsache, dass viele Leistungen inzwischen über analoge Ziffern abgerechnet werden müssen, binde zum einen Zeit, die in der Versorgung fehle, zum anderen führe sie zu Konflikten mit den privaten Krankenversicherern (PKV). „Solche Verfahren machen einen großen Teil der gebührenrechtlichen Schlichtungsfälle bei unserer Kammer aus.“

Henke verwies darauf, dass das Bundesgesundheitsministerium in der Antwort auf eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion selbst eingeräumt hat, dass die GOÄ das medizinische Leistungsgeschehen nicht mehr angemessen abbildet. Die Defizite ließen sich laut dem Ministerium „in Teilen“ durch Anpassungsmöglichkeiten wie die analoge Bewertung, Steigerungen oder Vergütungsvereinbarungen ausgleichen. „Für uns Ärztinnen und Ärzte belegt diese Antwort ganz klar den bestehenden dringenden Handlungsbedarf.“

Die anvisierte Anpassung ist moderat

Bei einer Reform könne sich die Politik auf die Vorarbeit von Ärzteschaft und PKV stützen. Die betriebswirtschaftliche Kalkulation der Preise der neuen GOÄ – die allerdings noch nicht mit der PKV abgestimmt ist – ergebe ein Ausgabenplus von zwischen acht und zehn Prozent. Das sei im Vergleich zu anderen Gebührenordnungen eine sehr disziplinierte und sehr zurückhaltende Anpassung, sagte Henke.

Lesen sie auch

Die Ärzteschaft stehe nach wie vor in freundlichen und konstruktiven Gesprächen mit der PKV, berichtete er. Wenn die Branche es aus Angst vor einer zu starken finanziellen Belastung der einzelnen Unternehmen nicht schaffe, ihren Beitrag zur GOÄ-Reform zu leisten, schadet sie sich damit nach seiner Einschätzung selbst. Schließlich stehe sie im Wettbewerb mit der gesetzlichen Krankenversicherung. „Die PKV muss darum kämpfen, dass sie attraktiv ist, sie muss ein Eigeninteresse am Zustandekommen der GOÄ haben.“

Henke: Neue GOÄ muss dieses Jahr kommen

Es sei klar, dass der PKV-Verband nicht allein handeln kann und Rücksicht auf die Versicherer nehmen muss. Aber irgendwann müsse es zum Sprung kommen, sagte Henke. „Wir dürfen nicht in eine Situation kommen, in der sich die PKV insgeheim freut, dass das Bundesgesundheitsministerium nicht agiert.“

Die neue GOÄ müsse noch in diesem Jahr kommen, forderte Henke. „Solange wir sie nicht bekommen, kann man den Ärztinnen und Ärzten nicht verdenken, wenn sie den Hinweisen der Bundesregierung folgen und versuchen, sich mit weiteren analogen Bewertungen, höheren Steigerungssätzen und abweichenden Vergütungsvereinbarungen ‚in Teilen‘ zu helfen.“ Die ÄKNo intensiviert jedenfalls die Beratung der Mitglieder in diesen Fragen.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie VISION-DMD: motorische Funktion TTSTAND-Geschwindigkeit unter Vamorolon 6mg/kg/Tag im Vergleich zu Placebo (erstellt nach [13])

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH; Santhera Germany GmbH

Therapie der Duchenne-Muskeldystrophie mit Kortikosteroiden über alle Altersstufen

Grundlagen und Real-World-Erfahrungen mit Vamorolon

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera Germany GmbH, München
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Tab. 1: Empfohlene Anfangsdosierungen von Ruxolitinib bei akuter und chronischer GvHD in Abhängigkeit vom Alter

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5, 6]

Graft-versus-Host-Erkrankung

JAK1/2-Hemmung jetzt für Kinder unter zwölf Jahren und in neuer Darreichungsform möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

BAM-Kongress 2025

Brustschmerz in der Hausarztpraxis: Was tun?

„ÄrzteTag“-Podcast

GKV in der Krise – warum ist das Klassenzimmer die Lösung, DAK-Chef Storm und BVKJ-Präsident Hubmann?

Lesetipps
Nahaufnahme wie eine Kind ein orales Medikament einnimmt.

© Ermolaev Alexandr / stock.adobe.com

Häufiges Problem bei Kindern

Nach Medikamentengabe gespuckt – was tun?

Wie das Vorgehen bei einem Makrophagen-Aktivierungssyndroms am besten gelingt, erläuterte Dr. Peter Nigrovic beim Rheumatologen-Kongress EULAR in Barcelona.

© Katja Schäringer

Rheumatologen-Kongress

„Es braucht ein Dorf, um Morbus Still zu verstehen“