Aktuelle Datenanalyse

Herzinfarkt – seltener in der Schlossallee

In sozial schwachen Bremer Stadtteilen sind zum Teil doppelt so viele Menschen von Herzinfarkt betroffen wie in begüterten Teilen der Stadt.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

BREMEN. Wer in sozial benachteiligten Stadtteilen Bremens lebt, erleidet häufiger einen Herzinfarkt als Bewohner der wohlhabenden Stadtteile. Das ergab eine Datenanalyse des Bremer Instituts für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF) der Stiftung Bremer Herzen am Klinikum Links der Weser und des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS). Aber auf die Versorgung schlägt der soziale Status der Patienten nicht durch, ergab die Studie.

In den ehemaligen Arbeiter-Stadtteilen am Hafen, wie Gröpelingen oder im Hochhaus-Viertel Tenever sind zum Teil doppelt so viele Menschen von Herzinfarkten betroffen, wie in den Villen-Vierteln der Stadt, Schwachhausen oder Borgfeld.

Bereits 1993 hat der Senat erstmals einen eigenen sozialen Benachteiligungsindex aus mehr als 20 Sozialindikatoren für die Bremer Ortsteile entwickelt und zuletzt 2009 aktualisiert. In die Berechnung flossen etwa Schulabschlüsse, Wahlbeteiligung und Arbeitslosenziffer ein. Wie sich zeigte, lag der Index in den Arbeitervierteln deutlich niedriger als in den Villen-Vierteln.

Die Autoren der Studie führten die Benachteiligungsindizes mit den Daten aus dem Bremer STEMI-Register des Herzzentrums am Klinikum Links der Weser (LdW) zusammen. Das Register dokumentiert die Behandlungsdaten aller Bremer, die seit 2006 einen ST-Hebungsinfarkt hatten. "Zwischen Januar 2006 und Dezember 2015 haben insgesamt 3462 Bremer erstmals einen STEMI erlitten. Davon waren 71 Prozent Männer, 44 Prozent der Betroffenen waren aktive Raucher, 21 Prozent hatten Diabetes und 23 Prozent waren fettleibig", sagt Dr. Johannes Schmucker vom BIHKF am Klinikum LdW. Er ist neben Dr. Susanne Seide einer der Erstautoren der Studie.

Anhand der Wohnorte konnten die Forscher diese Patienten den verschiedenen Benachteiligungsindizes zuordnen und "einen ausgeprägten soziale Gradienten nachweisen", so Schmucker. Alle Patienten wurden je einer von vier Index-Gruppen zugeteilt – von Gruppe eins mit hohem sozialen Status bis Gruppe vier mit niedrigem sozialen Status. Die anschließende Analyse ergab: "Am stärksten ausgeprägt ist der Gradient bei jüngeren Patienten unter 50 Jahren. Dort ist die Häufigkeit von Infarkten in Gruppe vier im Vergleich zur Gruppe eins mehr als zweifach erhöht – mit fast identischen Werten für Frauen und Männer", sagt Schmucker. "Die Zahl der Infarkte pro 100.000 Personenjahre ist hier höher." Ein Grund dafür könnten Risikofaktoren sein. So waren die Betroffenen der Gruppe vier häufiger aktive Raucher und/oder stark übergewichtig. Das soziale Gefälle zeigt sich auch bei den langfristigen Überlebensprognosen. So ist das Sterberisiko für Patienten unter 50 Jahren aus der Gruppe vier in den folgenden fünf Jahren nach dem Infarkt fast sechs Mal höher als bei Angehörigen der Gruppe eins. Ähnliches zeigt sich beim Risiko für Komplikationen, das in den fünf Jahren nach dem Infarkt fast fünf-fach höher liegt.

Im Gegensatz zur Erkrankungsrate und zum Sterberisiko fanden die Forscher bei der Versorgung der Patienten unterschiedlicher Gruppen kein Gefälle. Bei der Art und Qualität der Klinikbehandlung – etwa der Dauer zwischen Infarkt, Eintreffen des Patienten und dem Beginn der Ballondilatation – wirkt sich der soziale Status der Patienten in Bremen nicht aus.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

© Springer Medizin Verlag

Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Puren Pharma GmbH & Co. KG, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lipidtherapie

Erster oraler PCSK9-Hemmer Enlicitide senkt LDL-Cholesterin

Lesetipps