KBV-Chef Köhler fürchtet Blockade der spezialärztlichen Versorgung

Das Versorgungsgesetz eröffnet KVen viele Handlungsmöglichkeiten. Eindringlich mahnt KBV-Chef Dr. Andreas Köhler, jetzt zu liefern. Sein Vorstandskollege Dr. Carl-Heinz Müller fordert erneut die Abschaffung der Richtgrößen-Regresse.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Dr. Andreas Köhler

Dr. Andreas Köhler

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BERLIN. Im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes hat KBV-Chef Andreas Köhler am Freitag bei der internen Vertreterversammlung seiner Organisation die KVen ermahnt, die Chancen dieses Gesetzes zu nutzen.

"Diese Regierung beschert uns ein liberales Gesetz. Es schafft neue Instrumente. Aber wir müssen sie auch nutzen wollen!" sagte Köhler.

Neues Gesamtkonzept für die Bedarfsplanung

Bereits für Oktober kündigte er ein neues Gesamtkonzept für die Bedarfsplanung an. "Hier liegt der Ball klar im Feld der Ärzteschaft." Die Freiheiten, die die KVen bei der Bedarfsplanung erhalten, bedeuteten auch, Gewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen.

Die Ermittlung von Verhältniszahlen je Landkreis oder kreisfreier Stadt auf der Grundlage der Bedarfsverteilung von 1990 sei nicht mehr zeitgemäß. Je nach Fachgruppe müssten differenzierte Bedarfsplanungsregionen jenseits von Land- und Stadtkreisen gefunden werden. Entschieden werden müsse die Frage, ob auch die ausschließlich auftragnehmenden Fachärzte in die Bedarfsplanung einbezogen werden sollen.

Ein besonderes Problem für die Bedarfsplanung könnten die Psychotherapeuten werden. Angesichts der demografischen Entwicklung müsse die Zahl der notwendigen Sitze "dramatisch" erhöht werden.

Das werde aber nur funktionieren, wenn die Psychotherapie außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werde. Diese Fachgruppe sei ein gutes Beispiel dafür, dass eine am tatsächlichen Versorgungsbedarf orientierte Planung sinnvoll sei, um Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu verkürzen.

Köhler sorgt sich um Realisierung der spezialärztlichen Versorgung

Mit Sorge sieht Köhler, dass aufgrund der Intervention der Länder die spezialärztliche Versorgung nicht realisiert wird. Zwar seien erhebliche Korrekturen am Entwurf von Paragraf 116 b nötig: Qualifikationsvorgaben, Überweisungs- und Kooperationserfordernis, Ausgestaltung durch dreiseitige Verträge statt Richtlinien des Bundesausschusses.

Der KBV-Chef fürchtet jedoch, dass die Koalition nicht mehr die Kraft haben wird, für 2013 eine derart weitreichende Reform zu bewerkstelligen. Köhler: "Das Fenster schließt sich, je weiter die Legislaturperiode voranschreitet."

Sollte das Gesetz ohne den neuen Paragrafen 116 b in Kraft treten, werde die ambulante spezialärztliche Versorgung endgültig beerdigt sein.

Müller würdigte Reformpläne der Koalition vie die Novellierung der Approbationsordnung

Dr. Carl-Heinz Müller

Dr. Carl-Heinz Müller

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Köhlers Vorstandskollege Dr. Carl-Heinz Müller würdigte Reformpläne der Koalition, darunter insbesondere die Novellierung der Approbationsordnung und die Aufnahme des KBV-ABDA-Modells zur Arzneimittelversorgung. Dies müsse jedoch in mehreren Modellen erprobt werden, nicht nur in einer KV.

Ausdrücklich stellte Müller klar, dass die Medikationsliste keine verbindliche Positivliste ist: "Die freie Therapieentscheidung bleibt erhalten."

Enttäuscht äußerte sich Müller über die restriktive Haltung der Koalitionspolitiker zum Thema Richtgrößen und Regress. Solange Ärzte für das Überschreiten der Richtgrößen haftbar gemacht würden, könne die KBV einen Ärztemangel nicht wirksam verhindern.

Müller: Regresse müssen raus aus dem Gesetz!

Müller: "Ich will mir als KBV-Vorstand nicht vorwerfen lassen, dass wir den Sicherstellungsauftrag nicht erfüllen. Darum sage ich: Die Regresse müssen raus aus dem Gesetz."

Unverändert konträr sind die Positionen von KBV und Krankenhausgesetzschaft einerseits sowie GKV-Spitzenverband und Pflegeberufe andererseits zur Delegationsfähigkeit ärztlicher Leistungen.

Im Oktober soll der Gemeinsame Bundesausschuss dazu eine Richtlinie verabschieden. Müllers Position: "Eine Substitution ärztlicher Leistungen kommt für uns nicht in Frage."

Die Argumentation der Gegenseite, die Ärzte müssten wegen Medizinermangels entlastet werden, hält Müller für vorgeschoben. Tatsächlich suche die Pflege ihrerseits für zukünftig 100 000 akademische Pflegekräfte adäquate Beschäftigungsmöglichkeiten. Gleichzeitig verschärfe sich der Mangel an Pflegekräften.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Klare Grenzen sind notwendig Lesen Sie auch: KBV-VV: Weg vom Numerus clausus für Medizin!

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