Kliniken

Klare Regeln für Einstieg in ambulante Versorgung gefordert

Die Hälfte der deutschen Krankenhäuser ist angeschlagen. Ein Umbruch ist Experten zufolge nötig. Klinikvertreter haben den Ausweg schon entdeckt: Sie fordern klare Vorgaben, um Kliniken für die ambulante Versorgung zuzulassen.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Künftig muss in Kliniken nicht schneller, sondern anders gearbeitet werden, prognostiziert ein Experte.

Künftig muss in Kliniken nicht schneller, sondern anders gearbeitet werden, prognostiziert ein Experte.

© Kzenin / fotolia.com

MÜNCHEN. Die steigende Nachfrage nach medizinischen Leistungen und der zunehmende Fachkräftemangel werden im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren zu grundlegenden Veränderungen führen, prognostiziert der Gesundheitsunternehmer Professor Heinz Lohmann aus Hamburg.

Dabei dürfe die Qualität aber nicht auf der Strecke bleiben. Im Gegenteil: Da Patienten immer mehr auch als Konsumenten auftreten und Transparenz in der Gesundheitsversorgung einfordern, werde die Qualität der Versorgung zunehmend wichtiger.

Dies gelte vor allem auch für die Krankenhäuser, die in jüngster Zeit immer häufiger in die Schlagzeilen geraten, betonte Lohmann beim 15. Münchner Klinik Seminar. Eine Neuordnung des Klinikmarktes stehe unausweichlich auf der Tagesordnung. Künftig gehe es nicht mehr darum, immer noch schneller, sondern "anders" zu arbeiten, so Lohmann.

Hälfte der Kliniken im roten Bereich

Die Ausgangslage sei dramatisch, berichtete Dr. Michael Mörsch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG): Bundesweit schreiben etwa die Hälfte aller Krankenhäuser rote Zahlen, 40 Prozent seien sogar insolvenzgefährdet, erklärte Mörsch.

Ein Grund dafür seien die seit Jahren steigenden Tariflöhne, die deutlich über dem Erlöszuwachs liegen. "Den Krankenhäusern fehlen deshalb faktisch 3,6 Milliarden Euro", sagte Mörsch.

Eines der ungelösten Probleme sei die ambulante Krankenhausversorgung, die auch zu den Defiziten beitrage. Ohne die Krankenhäuser könne eine flächendeckende ambulante Versorgung heute nicht mehr sichergestellt werden, erklärte Mörsch.

Notwendig seien klare Regeln für die Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung in unterversorgten Gebieten sowie direkte Verträge mit den Krankenkassen mit einer angemessenen Vergütung. Dass die Kassen dann auch die Honorare der Vertragsärzte bereinigen wollen, sei nachvollziehbar.

Enorme Krankenhausdichte

Die Krankenhausversorgung in Deutschland sei geprägt von einer enormen Krankenhausdichte, hohen Ausgaben, eklatanten Mengensteigerungen und einer mangelhaften Investitionsfinanzierung, erklärte Gerhard Potuschek, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Bayern.

Grund für die defizitäre Entwicklung der Krankenhäuser sei die zu geringe Investitionsförderung durch die Bundesländer. Stattdessen würden Investitionen zunehmend aus Behandlungserlösen finanziert, die über Mengensteigerungen generiert werden, sagte Potuschek.

Mit mehr als 62 Milliarden Euro seien die Ausgaben der Kassen für die stationäre Versorgung so hoch wie noch nie und trotzdem fühlten sich die Krankenhäuser unterfinanziert.

Die Krankenhausplanung bezeichnete Potuschek als einen "Anachronismus", der dazu führe, dass bestehende Strukturen konserviert werden und die Krankenhäuser selbst über ihre strategische Ausrichtung bestimmen können. Die Folge seien Über- und Unterversorgung in einzelnen Regionen.

Notwendig sei die Zusammenführung von Krankenhausplanung, Investitionsfinanzierung und Betriebsmittelfinanzierung. Ähnlich wie bei der vertragsärztlichen Bedarfsplanung sollte es bei den Krankenhäusern bundesweite Vorgaben geben, die auf Landesebene umgesetzt und regional konkretisiert werden, forderte Potuschek.

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