Patientenversorgung

Klaus Reinhardt warnt vor wirtschaftlichem Druck

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Berlin. Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat vor wachsendem wirtschaftlichen Druck auf die Behandlung von Patienten gewarnt. „Wir wollen ein humanes Gesundheitswesen haben, das nicht so durchökonomisiert ist wie ein Industriebetrieb“, sagte Reinhardt der dpa. „Das ist unangemessen für die Versorgung von Kranken und mit dem ärztlichen Ethos nicht vereinbar.“

Er verwies auf zunehmend problematische Bedingungen in Krankenhäusern, die zu „Effizienzdruck“ führten. Es verschärfe sich auch der Trend zu einer Kommerzialisierung durch Finanzinvestoren, die medizinische Einrichtungen als Geldanlagen in den Blick nehmen.

„Die Strukturen im Gesundheitswesen müssen auch nach wirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet sein, keine Frage“, sagte Reinhardt. „Es ist aber auch dem berechtigten Anspruch der Erkrankten zu entsprechen, dass sie in einem Staat wie Deutschland angemessen behandelt werden. Nicht nur technisch, sondern auch menschlich.“

Unternehmensberater in Kliniken befördern Zeitmangel

Investitionen in Kliniken sollten eigentlich die Länder finanzieren, erläuterte der Ärztepräsident. Da dies oft nur unzureichend passiere, versuchten viele Häuser, es aus den Betriebserlösen zu stemmen und engagierten Unternehmensberater. Die versuchten dann mit Methoden wie aus der Autoindustrie, Krankenhausversorgung zu rationalisieren – mit Folgen: „Der Zeitmangel verschärft sich, vor allem die so wichtige Kommunikation zwischen Arzt und Patienten kommt oft zu kurz.“

Es gebe teils auch nicht genug Ärzte und Pflegekräfte, damit Wartezeiten zumutbar bleiben. „Dass daraus bei Patienten auch Unbehagen gegenüber dem Gesundheitswesen erwächst, kann keinen verwundern.“

Reinhardt forderte: „Es muss dringend Abhilfe geschaffen werden, um das Vertrauen der Menschen in das System zu sichern.“ Dafür müsse sich auch die Kommunalpolitik Gedanken machen, ob wirklich alle Klinikstandorte erforderlich sind. „Wenn Krankenhäuser in benachbarten Landkreisen allein nicht überlebensfähig sind, könnte man doch beide Standorte zusammenführen – und zwar mit dem gesamten Personal.“ Das brächte Freiraum für Investitionen und vernünftige Arbeitsbedingungen. Es müsse aber auch Schluss damit sein, dass Standort-Entscheidungen in der Politik sofort angeprangert werden.

Beim bedenklichen Trend zur Kommerzialisierung gehe es nicht um private Krankenhausträger oder Ärzte, die sich zu mehreren zu einer Gruppenpraxis zusammentun. „Aber es ist problematisch, wenn Finanzinvestoren oder Pensionsfonds in Einrichtungen wie Medizinische Versorgungszentren (MVZ) einsteigen mit dem einzigen Ziel der Kapitalanlage“, sagte Reinhardt. „Es gibt Grund zur Sorge, dass dann Ärzte zur Erfüllung von Renditezielen bedrängt werden, gezielt medizinische Leistungen vorzunehmen.“ (dpa)

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