Leistungen für Asylbewerber "menschenunwürdig"

Auch für Asylbewerber gilt das Existenzminimum: Die Verfassungsrichter in Karslruhe haben eine seit Jahren gültige Sonderregeln verworfen - und fordern höhere Sozialleistungen für Asylbewerber. Das hat auch Konsequenzen für Ärzte.

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Demonstranten stehen am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem Transparent.

Demonstranten stehen am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem Transparent.

© dpa

KARLSRUHE (dpa/fst). Asylbewerber müssen mehr Geld bekommen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch verkündeten Urteil.

Die derzeitigen Leistungen verstoßen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum.

Die Richter ordneten eine Übergangsregelung an, die sich an der Berechnung der Leistungen für Empfänger von Hartz IV oder Sozialhilfe orientiert. Betroffen sind rund 130.000 Menschen.

Die derzeitige Höhe der Geldleistungen sei "evident unzureichend", sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof.

Die Beträge waren seit 1993 nicht erhöht worden und lagen zuletzt rund 35 Prozent unter den Leistungen für Hartz-IV-Empfänger. Die Hartz-IV-Sätze gelten als Existenzminimum.

Das Grundgesetz garantiere die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, entschieden die Richter des Ersten Senats. Das Existenzminimum stehe deutschen und ausländischen Staatsangehörigen gleichermaßen zu.

Bundesregierung will nacharbeiten

Die für Asylbewerber geltende Sonderregelung, die in der Praxis zu einer Versorgung weit unter dem GKV-Standard geführt hat, war nicht Gegenstand der Verhandlung.

Allerdings stellten die Richter klar, dass die Bemessung des Existenzminimums nicht unter Verweis auf den niedrigeren Lebensstandard in den Herkunftsländern der Flüchtlinge erfolgen dürfe.

In der Praxis behindert die Rechtslage eine medizinische Versorgung der Asylbewerber. Die Beantragung eines Krankenscheins und die unterschiedliche Rechtsauslegung der Kommunen verzögern die Behandlung bei akuten Erkrankungen.

In Thüringen berichtete das Sozialministerium im vergangenen Jahr, Asylbewerbern seien aus Kostengründen Zähne gezogen worden, anstatt sie konservativ zu behandeln.

Die Bundesärztekammer wollte sich zu dem Urteil erst nach Vorliegen der schriftlichen Begründung äußern, hieß es auf Anfrage.

Das Urteil wurde von Sozialverbänden begrüßt. Das Bundessozialministerium erklärte, man werde eine verfassungskonforme Neuregelung zügig erarbeiten.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Unwürdige Schmalspurmedizin

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