Vorschlag der Patientenbeauftragten

Lotsen durch den Irrgarten des SGB V

Ein Lotse für Patienten in komplexen Versorgungssituationen – so kämen Schwerkranke schneller zu ihrem Recht, die Versorgung würde effektiver.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Patientenlotsen sollen Kranken in einem komplexen, segmentierten Versorgungssystem bei besonders schwierigen Krankheitsverläufen zu ihrem Leistungsanspruch verhelfen.

Patientenlotsen sollen Kranken in einem komplexen, segmentierten Versorgungssystem bei besonders schwierigen Krankheitsverläufen zu ihrem Leistungsanspruch verhelfen.

© markus dehlzeit/ stock.adobe.com

BERLIN. Der Einsatz von Patientenlotsen ist eine sinnvolle Option, Patienten in einem komplexen, segmentierten Versorgungssystem bei besonders schwierigen Krankheiten und Krankheitsverläufen zu ihrem Leistungsanspruch zu verhelfen und die Wirksamkeit von Medizin und Pflege zu erhöhen. Zu diesem Schluss kommt ein im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums von Sozialrechtlern der Uni Bochum und vom Berliner IGES-Institut erstelltes Gutachten. Es ist am Donnerstag anlässlich eines Symposiums der Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Professor Claudia Schmidtke, erörtert worden.

Bedarf für eine Lotsenfunktion bestehe hinsichtlich Information, Beratung, Anleitung und insbesondere Koordination, auch wegen systembedingter Defizite. Zielgruppen mit einem erhöhten Bedarf seien schwer oder chronisch kranke Menschen, multimorbide Patienten sowie Patienten in komplexen Versorgungssituationen.

Der Bedarf sei nicht diagnose- und altersspezifisch und entstehe nicht nur in bestimmten Versorgungssituationen, wie bei der Entlassung aus der Klinik. Lotsenbedarf könne auch bei Akutereignissen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Unfall entstehen.

Leistungen von Patientenlotsen sollen im SGB V kodifiziert und vergütet werden. Den Bedarf soll ein Arzt feststellen und in Anlehnung an ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (Paragraf 43 SGB V) verordnet werden können. Dabei müssen Diagnosen, Interventionsbedarf und Faktoren, die aus ärztlicher Sicht den Erfolg der Interventionen gefährden, angegeben werden.

Auch Krankenkassen sollen den Einsatz von Patientenlotsen initiieren können.

Kein neuer Leistungssektor geplant

Patientenlotsen müssen ihre Leistungen dokumentieren und dem verordnenden Arzt quartalsweise über ihre Tätigkeit und die eingeleiteten Maßnahmen berichten. Zu den Hauptaufgaben des Lotsen zählen:

  • Bedarfserfassung,
  • Erarbeitung eines passenden Versorgungsplans und dessen Abstimmung mit dem Arzt und weiteren Leistungserbringern,
  • Organisation und Anpassung des Versorgungsmix einschließlich Unterstützung bei Antragstellungen und Auswahl der Leistungserbringer.

Als Patientenlotsen kommen Gesundheitsberufe wie MFA, Pflegefachkräfte und Soziotherapeuten infrage. Sie müssen vertiefte Kenntnisse des Sozialleistungsrechts haben und eine Weiterbildung zum Case-Manager absolviert haben, die von der Deutschen Gesellschaft für Care- und Case-Management (DGCC) zertifiziert ist.

Patientenlotsen sollten keine Angestellten der Krankenkassen sein, weil dies ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könne. Überwiegend wird für eine Ansiedlung bei Leistungserbringern wie Ärzten oder Krankenhäusern plädiert. Eine eigenständige Leistungsstruktur sei zwar ideal in Bezug auf Neutralität und Unabhängigkeit, schaffe aber einen neuen Leistungssektor, heißt es im IGES-Gutachten.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Lotse an Bord!

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