Studie

MVZ in Thüringen heiß geliebt, Online-Sprechstunden verpönt

Eine Langzeitstudie untersucht die Haltung der Bevölkerung zu medizinischer Versorgung im Bundesland. Aktuell gibt es gute Noten – mit einer Ausnahme.

Von Katrin Zeiß Veröffentlicht:
Internet- oder Videosprechstunden sehen 58 Prozent der befragten Thüringer skeptisch.

Internet- oder Videosprechstunden sehen 58 Prozent der befragten Thüringer skeptisch.

© Andrey Popov - Fotolia

Jena. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung stellen die Thüringer einer aktuellen Studie zufolge der Gesundheitsversorgung grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus. Getrübt wird dieses Bild allerdings durch Ärger über lange Wartezeiten auf Facharzttermine, wie die Untersuchung von Wissenschaftlern der Universität Jena ergab. Während medizinische Versorgungszentren in Erinnerung an die DDR-Polikliniken große Sympathien und Ärzte und Pflegekräfte grundsätzlich hohes Ansehen genießen, können sich die Thüringer mit Online-Sprechstunden nicht so recht anfreunden.

Die soziologische Langzeitstudie, der Thüringen-Monitor, untersucht seit der Jahrtausendwende jährlich im Auftrag der Landesregierung die Einstellungen der in dem Bundesland lebenden Menschen. Am Donnerstag (12. Dezember) werden die Ergebnisse vom neuen Thüringer Landtag diskutiert, Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will dazu eine Regierungserklärung abgeben.

Schwerpunkt Gesundheit und Pflege

Gesundheit und Pflege waren zum zweiten Mal nach 2012 Schwerpunktthema der Untersuchung. Die Versorgung mit Hausärzten wird von drei Vierteln der Befragten als positiv beurteilt, die mit Apotheken sogar von 99 Prozent. Mit der Erreichbarkeit des nächsten Krankenhauses sind 93 Prozent zufrieden.

92 Prozent bewerteten die Versorgung mit Pflegediensten und ambulanter Hauskrankenpflege als gut. Auch bei der Versorgung mit Hebammen und Geburtshäusern (71 Prozent) und mit Psychotherapeuten (66 Prozent) überwiegt die Zufriedenheit.

Nicht mithalten kann hier die fachärztliche Versorgung. Sieben von zehn Befragten äußerten Unzufriedenheit mit den Wartezeiten auf einen Facharzttermin. Die Kritik kommt vor allem aus ländlichen Regionen, während die Situation in den größeren Städten weniger schlecht eingeschätzt wird.

Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KVT) hält gewisse Stadt-Land-Unterschiede allerdings für unvermeidlich. Das gelte vor allem für bestimmte hochspezialisierte Fachärzte, erklärte sie in einer Reaktion auf die Studie.

„Hausärztlich tätige Fachärzte für innere Medizin findet jeder Thüringer hingegen in der Nähe seines Wohnortes, auch auf dem Land.“ Die KVT verweist zudem darauf, dass eine Umsetzung mancher Vorschläge der Befragten die Stadt-Land-Unterschiede noch verschärfen würden.

MVZ beschäftigen gut 900 Ärzte

Das zielt vor allem auf die Aussagen des Thüringen-Monitors zu Medizinischen Versorgungszentren, die in Thüringen jetzt schon 911 Ärzte beschäftigen – ein Viertel der ambulant tätigen Mediziner. 98 Prozent der Befragten finden das gut.

Laut KVT befinden sich die 126 bestehenden MVZ allerdings überwiegend in Städten – und verschärfen so die Stadt-Land-Unterschiede. Auch von dem Vorschlag rollender Arztpraxen auf dem Land zur Behandlung mobilitätseingeschränkter Patienten ist die KVT nicht so begeistert Besser geeignet seien Hausbesuche auch durch nichtärztliches Personal und Zweig- und Filialpraxen in kleinen Orten, von denen es in Thüringen bereits 175 gebe.

Internet- oder Videosprechstunden sehen 58 Prozent der Befragten skeptisch. „Das deckt sich mit der Einstellung vieler Ärzte, die diese Angebote als Ersatz für den Besuch in der Praxis ebenfalls ablehnen und sie nur als eine Ergänzung sehen“, sagte KVT-Sprecher Veit Malolepsy.

Akzeptanz für Arbeitsmigranten

Zwiespältig ist zudem die Haltung der Thüringer zur Anwerbung ausländischer Pflegefachkräfte oder Ärzte. Nur 36 Prozent der Befragten halten dies für sehr wichtig. Dennoch ist eine Mehrheit dafür.

Die Erklärung der Studienautoren: Offenbar seien selbst Menschen, die Arbeitsmigranten aus ethnischen Gründen ablehnen, zu dem Schluss gekommen, dass dies angesichts des Fachkräftemangels in Gesundheit und Pflege nötig sei. Zudem plädieren 94 Prozent der Befragten für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, auch wenn dies zu höheren Kassenbeiträgen führen würde.

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