Qualitätsmanagement

Manchmal werden Gute bestraft

Strafzahlungen zur Qualitätsmessung an Kliniken machen nicht zwingend Sinn, hat eine US-Studie ergeben. Der Leiter des neuen Qualitätsinstituts Dr. Christof Veit rät zu einem behutsamen Umgang mit Messinstrumenten.

Von Martina Merten Veröffentlicht:
Erst Erfahrungen mit Messinstrumenten sammeln und sie dann erst in die Versorgung einführen, dafür spricht sich IQTIG-Leiter Dr. Christof Veit aus.

Erst Erfahrungen mit Messinstrumenten sammeln und sie dann erst in die Versorgung einführen, dafür spricht sich IQTIG-Leiter Dr. Christof Veit aus.

© GBA

Berlin. Welche Rolle bei der Vergütung sollen Qualitätszu- und -abschläge spielen? Da gehen die Meinungen immer noch weit auseinander.

So übt die Deutsche Krankenhausgesellschaft weiter harsche Kritik an den Plänen der Bundesregierung, Zu- oder -abschläge als Qualitätsindikator für Kliniken einzuführen.

"Mit einem qualitätsorientierten Vergütungskonzept kann die Versorgung nicht verbessert werden", sagt DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Zudem seien die Qualitätsberichte der Krankenhäuser, in denen Angaben zu deren Performance in bestimmten Bereichen vorhanden sind, als Informationsmittel für Patienten völlig ausreichend, so Baum zur "Ärzte Zeitung".

Studie ist als "Warnschuss" zu sehen

Auch der Leiter des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), Dr. Christof Veit, sieht in den Ergebnissen einer Studie zur Qualitätsmessung in Kliniken einen "Warnschuss".

Auslöser für die Kritik Baums war eine jüngst im US Fachmagazin JAMA (JAMA 2015;314(4):375-383) veröffentlichte Studie.

Darin untersuchten Wissenschaftler die Aussagekraft von Qualitätsmessungen an insgesamt 3284 Krankenhäusern. Hintergrund der Untersuchung ist ein im vergangenen Jahr von Präsident Barack Obama eingeführtes Programm, wonach Krankenhäuser weniger Geld über die staatlichen Sozialversicherungsprogramme Medicare und Medicaid erhalten, wenn sie in bestimmten Kategorien schlecht abschneiden.

Das Ergebnis: Ausgerechnet diejenigen Kliniken mussten Vergütungsabschläge hinnehmen, die aufwendige Leistungen anbieten, komplexe Fälle behandeln, qualitätsakkreditiert sind und auch lehren.

Die Forscher schlussfolgerten, dass der Ansatz der Regierung, Vergütungsabschläge als Qualitätskriterium für Kliniken zu nutzen, zu überdenken ist.

Indikatoren behutsam festlegen

Nach Ansicht von Veit zeigt die US-Studie, dass erst Erfahrungen mit Messinstrumenten gesammelt werden müssen, bevor sie in der Versorgung zum Einsatz kommen. Grundsätzlich hält der IQTIG-Leiter eine qualitätsgebundene Zusatzvergütung aber nicht für falsch. Es gebe beispielsweise gute Erfahrungen damit in DMP-Verträgen.

"Wir müssen aber vorsichtig sein und uns ausreichend Zeit beim Festlegen der Indikatoren nehmen, sonst verprellen wir die Versorger", so Veit zur "Ärzte Zeitung".

Laut Baum weist das Regierungskonzept noch aus einem weiteren Grund in die falsche Richtung: Es verstärke Diskriminierungseffekte. Schließlich könne es dazu führen, dass alle Patienten nur noch in solche Kliniken wollten, bei denen die Kassen Qualitätszuschläge zahlen.

Nach dem Entwurf zum Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) hat der Gemeinsame Bundesausschuss Qualitätsindikatoren zur Verfügung zu stellen. Dafür zuständig wird das IQTIG sein, das ab Januar 2016 tätig wird.

Die vergütungsrelevanten Indikatoren sind dem KHSG zufolge bis Ende 2017 festzulegen.

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