Müller will mehr EBM-Ziffern

Für KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller braucht der EBM dringend eine Frischzellenkur. Gerade Hausärzte fänden ihre Leistungen in dem Werk oft nicht wieder. Müllers Ideen: Eine Handvoll mehr Abrechnungsziffern und eine Software.

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EBM: Nach dem Willen von KBV-Vorstand Müller soll er künftig mehr auf die hausärztlichen Leistungen eingehen.

EBM: Nach dem Willen von KBV-Vorstand Müller soll er künftig mehr auf die hausärztlichen Leistungen eingehen.

© nös

BERLIN (vdb/af). Anachronistisch und nicht an den tatsächlich erbrachten Leistungen der Ärzte orientiert: KBV-Hausärztevorstand Dr. Carl-Heinz Müller fallen einige Argumente ein, warum der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) für Hausärzte eine Frischzellenkur benötigt.

Da ist zum einen das lästige Eingeben von Ziffernfolgen, das nach Ansicht von Müller von der Praxissoftware erledigt werden könnte.

Vorbild könne die Erfassung einer Ultraschalluntersuchung sein, für die schon heute lediglich die Buchstabenfolge "US" eingegeben werden müsse.

An die Stelle von aufwendig einzutragenden Ziffern könnten dann standardisierte Kürzel treten, sagte Müller der „Ärzte Zeitung“

"In der EDV den EBM zu hinterlegen und einfacher abrufbar zu machen, ist ein Punkt, den wir bei einem neuen EBM aufrufen", sagte Müller der "Ärzte Zeitung".

Wichtiger sind aber die Konsequenzen für die Honorierung ärztlicher Tätigkeiten, die ein neuer EBM mit sich bringen könnte. Die Pläne der KBV orientieren sich an der sich verändernden Versorgungsrealität: einer Zunahme älterer Patienten mit Gesprächsbedarf, die viel Zuwendung bedürfen.

Etwa 75 Prozent der hausärztlichen Leistungen seien über die Versichertenpauschale abgegolten, so Müller. Schwerpunkte wie die Behandlung von Patienten mit Diabetes oder die Psychotherapie sind darin nur ungenügend abgebildet.

Deshalb schlägt er vor, die Versichertenpauschale abzusenken und zuwendungsintensive Leistungen aus der Pauschale herausnehmen. "Diagnosen, die Zeit bedürfen, sollen mit zusätzlichen Ziffern hinterlegt werden", sagte Müller.

Deshalb lautet Müllers Arbeitshypothese, nur noch 50 Prozent der Leistungen über die Pauschale abzudecken. Leistungen wie Heimbetreuung oder die Neuentdeckung chronischer Erkrankungen könnten eigene Ziffern bekommen.

Im Auge hat er dabei auch die Konkurrenz des KV-Systems, die Hausarztverträge. Nach den Verträgen gibt es für qualifikationsgebundene Leistungen wie Ultraschall und Langzeit-EKG heute schon Zusatzhonorare.

Die sollen fallbezogen auch in der KV-Welt anfallen können. "Wir möchten, dass die Hausärzte Belastungs-EKG machen", sagt Müller.

Ein schöner Nebeneffekt für die Hausärzte wäre die Stärkung ihrer Sphäre gegenüber der fachärztlichen. "Wir müssen uns mittel- und langfristig des Vorwurfs erwehren, dass wir die Patienten nicht behandeln und unbehandelt zu den Facharztkollegen weitergeben", sagt Müller.

In Bezug auf die Trennung dieser Welten und der Vergütung müssten die Hausärzte diese Argumentation immer vor Augen haben.

Ein weiteres Ziel sei es, die "zuwendungsintensiven Praxen", die schwerkranke Patienten betreuen, besser zu honorieren als Praxen mit Patienten, die nur einmal im Quartal kommen und Wiederholungsrezepte brauchen.

Noch werde der neue Hausärzte-EBM in den Gremien beraten, sagte Müller. Beteiligt seien auch andere Fachgruppen. In zwei Jahren soll das Werk abgeschlossen sein, so Müller.

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Kommentare
Dr. Klaus Stelter 30.08.201117:02 Uhr

Müllers Erzählungen

Ach, bin ich froh, dass wir Hausärzte Herrn Müller haben. Wenn er sich meldet, dann stets mit blitzgescheiten Vorschlägen. Zum Beispiel: Ziffernfolgen im Computer vorsehen, damit man sich nicht die 5-stelligen Ziffern merken muss. Darauf wäre ich nie selbst gekommen! Zu erwarten ist ja auch, dass der nächste EBM dann mit siebenstelligen Ziffern aufwartet. Sozusagen als "Bürokratieabbau". Dann hat es die KBV noch leichter, daraus Dinge wie "Morbidität" zu berechnen. Und ich erfahre aus Köln, welcher meiner Patienten nun wirklich krank ist und wer nur simuliert. Weiter so, Herr Kollege Müller!

Dr. Thomas Georg Schätzler 30.08.201113:11 Uhr

"Alles Müller, oder Was"?

Herr Kollege Müller, wenn ich mich dunkel erinnere, hatten Sie und der 1. Vorsitzende der KBV, Kollege Andreas Köhler, mit dem jetzigen EBM den Plan verwirklicht, speziell die hausärztlichen Abrechnungs- und Leistungsabbildungen auszubremsen.

GKV-Patienten haben im Jahres d u r c h s c h n i t t insgesamt 18 (i. W. achtzehn) Arztkontakte pro Jahr bei Haus- und Fachärzten! Indem der aktuelle EBM nur eine einzige Versichertenpauschale im Behandlungsfall (altersabhängig 03110-03112), garniert mit einer lächerlichen hausärztlichen Bereitschaftspauschale, pro Quartal ermöglicht, fallen alle weiteren Arzt-Patienten-Kontakte flach. E s sei d e n n, der Patient verfügt über eine chronische Erkrankung (03212) und/oder eine sekundär heilende Wunde (02310) mit mindestens 3-maligem Kontaktbedarf: Was wiederum die Abrechnung anderer chirurgischer Erstversorgungen (02300-02302) in diesem Quartal ausschließt! Alles vor dem Hintergrund, dass im ambulanten Versorgungssystem 85-90 % aller Krankheitsprobleme lösbar sind.

Jetzt gibt es noch Abrechnungsspezis nicht nur bei der KBV, die kaprizieren sich auf zusätzliche reguläre Hausbesuche (01410) und Sonderleistungen wie Sonografie o. ä. Mit dem, was da bei maximal ausgeschöpften Sonderleistungen abrechnungstechnisch ''rüberwächst, können sich nicht mal Geräte, Investitionen und Personalkosten amortisieren. Und Hausbesuche bzw. Beratungen außerhalb von ''Unzeiten'' verschwinden eh'' in den ''schwarzen Löchern'' des KBV-Weltalls der ''Regelleistungsvolumina'' RLV. Und dann kommt ein Hobby-Astronom (oder -Astrologe?) der KBV und fordert "Eine Handvoll mehr Abrechnungsziffern"?

Da schau'' ich mit doch lieber "Für eine Handvoll Dollar" (1964) oder "Für ein paar Dollar mehr" (1965) mit Clint Eastwood an. Der Film-EBM über Regisseur Sergio Leone musste seitdem kein einziges Mal revidiert werden!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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