Muslime: Beschneidung muss ins Gesetz

Die Kritik am umstrittenen Beschneidungs-Urteil reißt nicht ab. Muslimische Organisationen erhöhen den Druck auf die Politik: Sie wollen eine gesetzliche Regelung für die religiöse Zirkumzision - und verweisen auf die WHO.

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Kizilkaya (rechts) am Mittwoch in Köln: Großer Schaden für die Integration.

Kizilkaya (rechts) am Mittwoch in Köln: Großer Schaden für die Integration.

© Henning Kaiser / dpa

KÖLN (akr). Neunzehn muslimische Organisationen fordern den Bundestag auf, eine gesetzliche Grundlage für die Rechtmäßigkeit von Beschneidungen an Jungen aus religiösen Gründen zu schaffen.

Das Urteil des Landgerichts Köln zur Strafbarkeit von religiös motivierten Beschneidungen sei ein verheerendes Signal, sagte Ali Kizilkaya vom Koordinationsrat der Muslime vor Journalisten in Köln. "Es richtet ohne Not großen Schaden für die Integration an", sagte er.

Das Urteil treffe alle Muslime, sowohl fromme als auch säkulare, so Kizilkaya. Bei anderen Urteilen, etwa zum Kopftuchverbot, sei das nicht der Fall gewesen.

In der vergangenen Woche war das Urteil eines Berufs- und zweier Laienrichter bekannt geworden, bei dem die Beschneidung von Jungen aus religiösen Motiven als strafbar eingestuft wurde. Das Urteil ist rechtskräftig.

Rückschlag für die Religionsfreiheit

Die Organisationen drängen auf ein schnelles Handeln der Politik. Empfehlungen an muslimische Eltern wollen sie bis zum Abschluss einer genauen rechtlichen Prüfung nicht geben. "Wir wollen keinen Beschneidungstourismus", betonte Kizilkaya.

Die Entscheidung der Richter sei ein Rückschlag für die Religionsfreiheit, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Organisationen.

Kizilkaya: "Das Urteil verachtet die Religionsfreiheit und nimmt keinerlei Rücksicht auf die seit Jahrtausenden weltweit durchgeführte rituelle Praxis in unterschiedlichen Religionen."

Diejenigen, die Beschneidungen von Jungen als Körperverletzung und damit strafbare Handlung einstuften, würden verkennen, dass diese Tradition gerade keine Bedrohung für die Gesundheit darstelle, erklären die Organisationen weiter.

"Selbst die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt aus gesundheitlichen und hygienischen Gründen die Beschneidung von Männern", heißt es.

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Kommentare
Dr. Bernhard Rudy 05.07.201212:05 Uhr

Falsch verstandene Form der Religionsfreiheit

Unglaublich, zu argumentieren, nur weil etwas zugegebenermaßen keinen Einfluss in die Gesundheit des männlichen Körpers haben soll, muß das unmündige Kind den irreversiblen Eingriff über sich ergehen lassen. Es bleibt, auch traditionell verankert eine Körperverletzung, die dem freien Entscheidungwillen des erst mündigen Jungen zuwiderläuft, und es bleibt ein Eingriff in den Schöpfungsakt und damit ein Frevel an der göttlichen/evolutionären Entwicklung des Körpers.
Es bleibt auch festzuhalten, dass kein Organismus eine biologische Fehlfunktion hat, die sein Überleben so negativ beeinflusst, dass sie auch einen solche Eingriff (hygienisch) rechtfertigt. Es liegt einzig im Erziehungsbereich der Eltern ihren Kindern gegenüber, die notwendige Körperhygiene beizubringen.
Unglaublich wie unsere Politiker und Kirchen vor ihrem eigenen demokratischen und christlichen Wissen einknicken, vor dem Hintegrund einer falsch verstandenen Religionsfreiheit.

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