Zukunft der ambulanten Versorgung

NRW plädiert für Vergütung über Pauschalen

Zu einer Reform der ambulanten ärztlichen Versorgung gehören für das NRW-Gesundheitsministerium mehr Pauschalen in der Vergütung, Teampraxen und ein Ausbau der Digitalisierung.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Düsseldorf. In der Honorierung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sollten Pauschalen nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums eine viel größere Rolle spielen als bisher.

In seinem „Positionspapier zur Reformierung der ambulanten ärztlichen Versorgung“ schlägt das von Minister Karl-Josef Laumann (CDU) geführte Ministerium ein Stufenmodell vor.

Das Papier fasst für verschiedene Themenbereiche Vorschläge und Maßnahmen für eine Reform der ambulanten ärztlichen Versorgung zusammen. Sie beruhen zum Teil auf dem Austausch des Ministeriums mit den wesentlichen Akteuren des NRW-Gesundheitswesens.

Die Vergütung der Leistungen müsse auf die heutige Versorgungsrealität angepasst werden, heißt es in dem Positionspapier. „Zudem sollte sie weniger komplex, unbürokratischer und bedarfsgerechter gestaltet werden.“

Das Ministerium hält es für sinnvoll, als Grundlage für die Abrechnung vom zwingenden Arzt-Patienten-Kontakt wegzukommen und ihn durch den Praxis-Patienten-Kontakt zu ersetzen. „Dies sollte auch für telemedizinische Kontakte mit dem Praxisteam gelten.“

Keine Mehrkosten für die Kassen

Der Verwaltungsaufwand in den Praxen ließe sich nach den Vorstellungen über Pauschalen reduzieren. Dafür sollte die Vorhaltepauschale durch weitere Pauschalen ergänzt werden. Hier schweben dem Ministerium drei verschiedene Stufen vor:

  • Stufe 1 mit einer Grundpauschale für die Finanzierung der Grundkosten einer Praxis und einer Personalpauschale für die Personalkosten
  • Stufe 2 mit einer Behandlungspauschale zur Refinanzierung der Standardpraxisleistungen und einer Innovationspauschale
  • Stufe 3 mit einer Versorgungspauschale für regionale Vereinbarungen mit den Kassen zu besonders förderwürdigen Leistungen, eine Delegations- und Interaktionspauschale sowie eine Qualitätspauschale

Der Ausbau von Pauschalen ergibt für das Ministerium insbesondere dann Sinn, wenn es tatsächlich zu der von ihm vorgeschlagenen flächendeckenden Einführung eines Bezugsarztsystems kommen würde.

Wichtig ist dem Ministerium, dass eine Umstellung der Vergütung nicht zu Mehrkosten für die gesetzlichen Krankenkassen führt. Auch eine Benachteiligung oder Bevorzugung einzelner Facharztgruppen sollte vermieden werden.

Ein solches ehrgeiziges Projekt sollte nach den Vorstellungen zunächst unter Einbeziehung der Selbstverwaltung erprobt werden, schlägt das Ministerium vor. Dafür müssten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen geschaffen werden.

Für Teampraxen mit der Delegation ärztlicher Leistungen

Mit Blick auf die Praxisorganisation plädiert es für das Modell der Teampraxis mit der arbeitsteiligen Versorgung der Patientinnen und Patienten durch verschiedene Berufsgruppen. „Im Mittelpunkt steht die Delegation ärztlicher Leistungen an andere Berufsgruppen.“

Um das in Teampraxen liegende Potenzial heben zu können, hält das NRW-Ministerium verschiedene Maßnahmen für notwendig:

  • die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Delegation
  • die Anpassung der Vergütungsstrukturen,
  • die Integration akademisierter Assistenzberufe in die Praxis

„Ziel muss es sein, Delegationsregelungen zu erarbeiten, die die Vielfalt der Berufsbilder und Kompetenzen in den Praxisteams berücksichtigen.“

Auch in Sachen Bürokratieabbau sieht das Ministerium Handlungsbedarf. Dabei mangele es nicht an Vorschlägen zum Thema. „Es braucht einen strukturierten Prozess – sowohl um Bürokratie systematisch und zielgerichtet abzubauen als auch um den erneuten Aufbau bürokratischer Aufwände zu vermeiden.“

„Entscheidend sind eine gesicherte Finanzierung sowie eine Unterstützung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen“

Zur Reform der ambulanten ärztlichen Versorgung gehört für die Verantwortlichen in NRW zwingend ein Ausbau der Digitalisierung. „Die Nutzung von digitalen Tools ist essentiell für eine ressourcenschonende Versorgung von Patientinnen und Patienten.“ Das gelte etwa für die Ersteinschätzung vor einem Praxisbesuch.

Zurzeit gebe es zu wenige Anreize, digitale Lösungen dauerhaft zu implementieren, zudem sei das notwendige Know-how nicht flächendeckend vorhanden. „Entscheidend sind daher eine gesicherte Finanzierung sowie eine Unterstützung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen.“

Das Ministerium plädiert dafür, dass einzelne Aspekte seines Positionspapiers in NRW modellhaft getestet werden. „Hierfür muss sich eine ausreichende Zahl an Akteurinnen und Akteuren finden, die gewillt sind, die Themen gemeinsam weiterzuentwickeln und voranzutreiben.“ Das Ministerium will dabei eine organisatorische und beratende Rolle einnehmen.

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Kommentare
Dr.med. Ivar Leben 29.03.202520:31 Uhr

Wichtig ist dem Ministerium, dass eine Umstellung der Vergütung nicht zu Mehrkosten für die gesetzlichen Krankenkassen führt
Jede Umstellung kostet erst Millionen von Euros mehr - siehe Krankenhausreform !
"Ausbau der Digitalisierung" - warten seit 20 Jahren darauf - und es klappt immer noch nicht

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