Perinatalzentren

Neue Personalregelung bereitet Sorgen

Die Resonanz auf den jüngsten Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses, in dem dieser die Anforderungen an das Pflegepersonal in Perinatalzentren modifiziert, ist gemischt: Patientenvertreter interpretieren die Richtlinie als Kapitulation zu Lasten der Kinder.

Von Martina Merten Veröffentlicht:
Intensivmedizinische Versorgung auf einer Perinatalstation. Die Übergangsfristen für Personalvorgaben laufen nun bis Ende 2019.

Intensivmedizinische Versorgung auf einer Perinatalstation. Die Übergangsfristen für Personalvorgaben laufen nun bis Ende 2019.

© OBS / BVMed / dpa

BERLIN. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) am 15. Dezember beschlossene Übergangsregelung, in der das Gremium die zum 1. Januar in Kraft tretenden Personalanforderungen an die Intensivpflege in Perinatalzentren lockert, hat gemischte Reaktionen ausgelöst.

"Wir können zwar noch nicht Oh Du Fröhliche singen, aber immerhin nimmt diese Regelung den Druck vom Kessel", brachte es Peter Bechtel, Vorsitzender des Bundesverbandes Pflegemanagement, während einer Veranstaltung seines Verbandes in Berlin auf den Punkt.

Erfahrene Kräfte wandern ab

Die Realität in der Pflege sei scheinbar beim GBA endlich angekommen, so Bechtel, der auch Pflegedirektor am Universitäts-Herzzentrum Freiburg Bad Krozingen ist. Und diese Realität sehe so aus: Während qualifizierte Kräfte in der Pflege aus finanziellen Motiven immer öfter den Weg in die Schweiz suchten, kämen lediglich Berufsanfänger nach. "Es dauert aber im Schnitt drei Jahre, bis eine Pflegekraft über entsprechende Qualifikationen im Sinne des GBA verfügt."

Ab dem 1. Januar gilt die Vorgabe, dass auf neonatalogischen Intensivstationen eines Perinatalzentrums mindestens eine Kinderkrankenpflegekraft für jeden intensivtherapiepflichtigen Frühgeborenen unter 1500 Gramm Geburtsgewicht verfügbar sein muss. Bei der Intensivüberwachung gilt ein Schlüssel von eins zu zwei. 40 Prozent (Level 1-Zentren) beziehungsweise 30 Prozent (Level 2 Zentren) der Mitarbeiter des Pflegedienstes müssen zudem eine Fachweiterbildung im Bereich Pädiatrische Intensivpflege abgeschlossen haben.

Allein diese Regelung stelle eine von der Politik beabsichtigte "Marktbereinigung" dar, betonte Christian de la Chaux. Der Pflegedirektor am Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster weiter: Viele Zentren in Deutschland könnten diese Vorgaben des GBA nicht vollständig umsetzen. Es fehlten schlichtweg der Nachwuchs und finanzielle Anreize.

Der neuen, vergangene Woche beschlossenen Übergangsfrist zufolge dürfen Perinatalzentren, die die GBA-Vorgaben nicht erfüllen, hiervon längstens bis zum 31. Dezember 2019 abweichen. Der GBA plant eine Strukturabfrage bei allen Zentren, um Erkenntnisse über den IST-Zustand der Erfüllung der Personalvorgaben zu gewinnen. Als Nachweis darüber, dass die Zentren die GBA-Vorgaben erfüllen, gilt eine dokumentierte Erfüllungsquote von mindestens 95 Prozent aller Schichten des vergangenen Kalenderjahres.

Wie diese schichtbezogenen Dokumentationen auszusehen haben, wird der GBA bis Mai 2017 beschließen, erläuterte Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des GBA - den neuen Beschluss. Sie stellte klar, dass mit den beschlossenen Übergangsfristen keinesfalls an der Qualität der Versorgung gerüttelt werde. Im Gegenteil! Sie kündigte vermehrte Kontrollen an, die schließlich auch Konsequenzen nach sich zögen.

Warum keine aktuelle Transparenz?

Der Vorsitzende des Landesverbandes Früh- und Risikogeborene Kinder Rheinland-Pfalz, Hans-Jürgen Wirthl, bezeichnete die neue Regelung als "Kapitulation zu Lasten der Kinder". Die Vorgabe, 95 Prozent aller Schichten des vergangenen Kalenderjahres dokumentieren zu müssen, habe mit dem Hier und Jetzt in Perinatalzentren nichts zu tun. "Warum verlangt der GBA nicht, dass Zentren aktuell Transparenz über ihre Personalsituation darstellen müssen?", fragte Wirthl.

Dr. Bernhard Egger, Leiter der Abteilung Medizin beim GKV-Spitzenverband, stieß sich grundsätzlich an der Übergangsfrist: "Bislang sind Übergangsfristen, die der GBA festgelegt hat, kaum eingehalten worden", gab Egger zu bedenken. Das habe vielfältige Gründe. Entweder sei einfach zu wenig Personal in Kliniken vorhanden oder die Kliniken hätten nicht dafür gesorgt, dass sich Mitarbeiter entsprechend qualifizieren.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Zervixkarzinom

DKG-Expertin Hasenburg: „Die HPV-Prävention muss in der Schule beginnen“

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Vermeidung von Gebärmutterhalskrebs

Aktuelle Analyse: Deutliche Hinweise auf Nutzen der HPV-Impfung

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Welchen Spielraum es gibt

Patienten rechtssicher ablehnen: So geht’s

Geriatrische Syndrome

COPD bei älteren Patienten – darauf sollten Sie achten

Neue Skills dank Studium

Als Primary Care Managerin hält Desiree Reitmeier jetzt eigene Sprechstunden ab

Lesetipps
Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen

Gruppe Senioren sitzt gemeinsam am Kaffeetisch im Aufenthaltsraum im Seniorenheim

© Robert Kneschke/Zoonar/picture alliance

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid wirkt nicht gegen Alzheimer