Gesundheitsminister beschließen

Ohne Corona-Impfung gibt‘s bei Quarantäne kein Geld

Die Gesundheitsminister erhöhen den Druck auf Ungeimpfte: Menschen, die sich gegen COVID-19 impfen lassen können, das aber nicht tun, müssen im Fall einer Quarantäne mit finanziellen Einbußen rechnen.

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Jens Spahn bei einem Pressestatement nach den Beratungen über ein einheitliches Vorgehen bei Verdienstausfall-Entschädigungen wegen Quarantäne im Rahmen der Corona-Pandemie.

Jens Spahn bei einem Pressestatement nach den Beratungen über ein einheitliches Vorgehen bei Verdienstausfall-Entschädigungen wegen Quarantäne im Rahmen der Corona-Pandemie.

© Michael Kappeler/dpa

Berlin. Die Gesundheitsminister von Bund und Länder machen ernst. Sie setzen einen längst geltenden Paragrafen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) um. Wer wegen eines COVID-19-Verdachts in Quarantäne muss, kann ab 1. November nicht mehr mit einer Lohnfortzahlung für die Zeit der Absonderung rechnen. Das kann auch Urlaubsrückkehrer treffen.

Konkret heißt es in dem Beschluss: „Personen, für die eine allgemeine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission vorliegt, erhalten nach dem IfSG als Kontaktpersonen oder Reiserückkehrer aus Risikogebieten aufgrund der flächendeckenden Verfügbarkeit von Impfangeboten zukünftig keine Entschädigung auf Kosten der Allgemeinheit, wenn im Falle eines Tätigkeitsverbots beziehungsweise einer Quarantäneanordnung kein vollständiger Impfschutz vorliegt.“

Ärztliche Atteste für Ausnahmeregelungen

Auf viele Ungeimpfte kommen damit weitere Einschnitte zu. Baden-Württemberg hat die Regel bereits zum 15. September umgesetzt. Paragraf 56 des Infektionsschutzgesetzes regelt heute bereits, dass Entschädigungen nicht fließen sollen, wenn gleichzeitig ein Angebot für eine Coronavirus-Schutzimpfung besteht. Das sei seit einigen Wochen der Fall, betonen die Gesundheitsminister. Alle Bundesbürger könnten sich niedrigschwellig gegen COVID-19 impfen lassen.

Die Entschädigungsleistung soll allerdings den Bundesbürgern weiter gewährt werden, für die in einem Zeitraum von bis zu acht Wochen vor der Quarantäne-Anordnung keine öffentliche Empfehlung für eine Impfung gegen COVID-19 vorgelegen hat.

Das gilt auch für die Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Die Kontraindikation muss allerdings in einem ärztlichen Attest bestätigt sein.

Holetschek: „Klare Verhältnisse“

„Wir sind uns mit Bund und Ländern einig, dass es jetzt an der Zeit ist, klare Verhältnisse zu schaffen und geltendes Recht auch bundesweit einheitlich umzusetzen“, sagte der GMK-Vorsitzende, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), im Anschluss an die GMK-Runde am Mittwochnachmittag.

Bund und Länder setzten damit ein Zeichen, „dass auch Ungeimpfte im Kampf gegen die Corona-Pandemie Verantwortung übernehmen müssen“, betonte Holetschek. Wer eine Impfung ablehne – aus welchen nicht-medizinischen Gründen auch immer –, könne nicht von der Gemeinschaft erwarten, „dass sie für den Verdienstausfall aufkommt, der durch die Quarantänepflicht entsteht. Das wäre unsolidarisch.“

Lauterbach warnt vor Ausweich-Strategien

Der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach hatte zuvor vor möglichen Konsequenzen gewarnt. Vor allem einkommensschwache Menschen würden versuchen, Quarantänezeiten zu umgehen. Bei drohendem Verdienstausfall nach einer positiven Testung würden sich überhaupt weniger Menschen testen lassen. Wahrscheinlicher sei, dass sie sich nicht testen lassen, um keine Quarantäne antreten zu müssen, sagte Lauterbach der „Rheinischen Post“ am Mittwoch.

Auch der Sozialverband VdK hatte vor den Folgen insbesondere für chronisch Kranke gewarnt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die Regelung dagegen ausdrücklich begrüßt.

Bayerns Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte dem „Bayrischen Rundfunk“ am Mittwoch, die Lohnfortzahlung bei Quarantäne und die Kostenübernahme bei Tests müssten seinem Verständnis nach an die Dauer der epidemischen Lage geknüpft bleiben. Die ist derzeit bis zum 11. Dezember 2021 beschlossen. (af/hom)

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