Nach Votum des Ethikrats

Oppositionspolitiker: Spahn soll Pläne für Immunitätsausweis begraben

Grüne, Linke und FDP fordern Gesundheitsminister Spahn auf, sein Vorhaben einer Immunitätsbescheinigung nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion ad acta zu legen. Die SPD spricht von einer Phantomdebatte.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Auch auf  Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen gab es bedenken gegen den Immunitätsausweis.

Auch auf Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen gab es bedenken gegen den Immunitätsausweis.

© picture alliance/dpa

Berlin. Oppositionspolitiker haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aufgefordert, seine Pläne für einen Immunitätsausweis nach einer überstandenen Corona-Infektion auf Eis zu legen.

„Die Absage des Ethikrates an einen Immunitätsausweis ist folgerichtig. Jens Spahn hat die Debatte ohne jede wissenschaftliche Grundlage angestoßen“, sagten die Grünen-Sprecherin für Gesundheitsförderung, Dr. Kerstin Kappert-Gonther, und die Berichterstatterin für Infektionsschutz der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche. Es sei unverantwortlich von Spahn, „den Immunitätspass als eine Art Freifahrtschein darzustellen“.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Achim Kessler, betonte, selbst wenn sich eine Immunität gegen das Coronavirus verlässlich nachweisen lasse, gebe es „praktische, ethische und rechtliche Gründe“ gegen eine solche Bescheinigung. Als immun geltende Personen erhielten dadurch einen Vorteil. „Für alle anderen kann er erhebliche Nachteile im öffentlichen Leben oder am Arbeitsplatz bedeuten und die Entsolidarisierung befeuern“, so Kessler.

„Ein Immunitätsausweis löst nicht die Herausforderungen einer Pandemie, sondern schafft neue“, warnte der FDP-Obmann im Bundestags-Gesundheitsausschuss, Professor Andrew Ullmann. Ein Immunitätsausweis könne dazu führen, dass sich Menschen absichtlich mit Corona infizierten, „um entsprechende Antikörper zu entwickeln, auf die Gefahr hin schwer zu erkranken“.

Ausweis schafft neue Probleme

Andererseits berge ein entsprechender Nachweis die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Nötig sei mehr denn je eine „nachvollziehbare Teststrategie, um vor allem vulnerable Bevölkerungsgruppen zu schützen“, forderte der Infektiologe.

Auch Patientenschützer riefen Spahn auf, sein Vorhaben fallenzulassen. Die Stellungnahme des Ethikrates zeige, dass dies überfällig sei, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch.

Der Ethikrat hatte sich in seiner Stellungnahme gegen die Einführung von Immunitätsausweisen „zum jetzigen Zeitpunkt“ ausgesprochen. Bislang fehle ein Nachweis über Grad und Dauer einer Immunität gegen das Coronavirus.

Spahn: Schauen uns Empfehlungen in Ruhe an

Spahn sagte am Rande eines Pressetermins beim Impfstoff-Produzenten Sanofi am Dienstag in Frankfurt am Main, da bislang nicht abschließend geklärt sei, „ob und in welchem Umfang eine durchgemachte Infektion zu einer Immunität führt“, könne er die Positionierung des Ethikrates „sehr gut nachvollziehen“. Die Bundesregierung wolle sich die Empfehlungen „in Ruhe“ anschauen und in weitere Beratungen einfließen lassen, so der Minister.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas, sagte, die Debatte um einen Immunitätsausweis „war und ist im Moment eine Phantomdebatte“. Andere, von der Bundesregierung beschlossene Vorsorgemaßnahmen sollten jedoch beibehalten und um Schnelltests auf das Virus ergänzt werden. „Schnelltests können eine sinnvolle Ergänzung sein, wenn sie ein Ergebnis in sehr kurzer Zeit liefern und in großer Zahl verfügbar sind.“

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