NRW-Gesundheitsminister

Politik hat Allgemeinmedizin ausbluten lassen

Das Gesundheitswesen steht heute vor großen Problemen - viele verursacht durch Versäumnisse in der Politik, gesteht NRW-Gesundheitsminister Laumann ein. Zum Auftakt des Gesundheitskongresses des Westens haben Experten diskutiert, wie die Sektorengrenzen fallen könnten.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
"Wir müssen mehr in die medizinische Ausbildung investieren", betonte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann auf dem Gesundheitskongress des Westens.

"Wir müssen mehr in die medizinische Ausbildung investieren", betonte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann auf dem Gesundheitskongress des Westens.

© WISO/Schmidt-Dominé

KÖLN. Die Politik hat in der Vergangenheit wichtige Entwicklungen verschlafen und damit zu einigen der aktuellen Versorgungsprobleme beigetragen.

Das hat der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) beim Gesundheitskongress des Westens in Köln eingeräumt.

Paradebeispiele sind für ihn das personelle Ausbluten der Allgemeinmedizin und die nicht ausreichende Krankenhaus-Investitionsfinanzierung durch die Länder.

In Nordrhein-Westfalen würden jedes Jahr 400 Allgemeinmediziner in den Ruhestand gehen, aber nur 200 neu ins System kommen, sagte er.

"Die Entwicklung ist nicht über Nacht gekommen. Sie deutet sich seit zehn Jahren an, aber man hat darauf nicht ausreichend reagiert." Laumann war bereits von 2005 bis 2010 Gesundheitsminister in NRW.

Personalmangel - eine große Herausforderung

"Wir müssen mehr in die medizinische Ausbildung investieren", betonte er. Der Personalmangel im Gesundheitswesen ist für ihn zurzeit eine deutlich größere Herausforderung als die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Dringenden Handlungsbedarf sieht er deshalb bei der besseren Zusammenarbeit der Berufsgruppen im Gesundheitswesen und der sektorübergreifenden Versorgung.

Die von der großen Koalition geplante Bund-Länder-Kommission zur sektorübergreifenden Versorgung dürfe sich nicht auf Gleichheit bei der Vergütung beschränken, so der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW. Jochen Brink: "Es müssen auch die dahinterliegenden Leistungen und Vorhaltungen identisch sein."

Grundsätzlich stünden die Kliniken einem Strukturwandel positiv gegenüber, sagte Brink. "Er muss aber mit Augenmaß und fair austariert erfolgen."

Schnelle Ergebnisse nicht zu erwarten

Die Kommission zur sektorübergreifenden Versorgung sei richtig und wichtig, sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Professor Christoph Straub. Er rechnet aber nicht mit schnellen Ergebnissen. "Man muss hoffen, dass es eine ständige Entwicklung wird, die über die Legislaturperiode hinausgeht."

Straub kann die Skepsis vieler niedergelassener Ärzte gegenüber politischen Vorgaben in diesem Bereich verstehen.

In der Vergangenheit seien alle Bestrebungen in Richtung einer sektorübergreifenden Zusammenarbeit wie die spezialfachärztliche Versorgung oder die psychiatrischen Institutsambulanzen zu Lasten der ambulanten Vergütung gegangen. "Es fand nie eine Bereinigung der Klinikbudgets statt."

Der Vorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, verwies auf ein aus seiner Sicht zentrales Problem: Die Patienten sollen unverändert ohne Steuerung einen niedrigschwelligen Zugang zu den Angeboten im Gesundheitssystem erhalten.

An ihrem Inanspruchnahmeverhalten wolle offensichtlich niemand etwas ändern. "Dann muss man auch die Rahmenbedingungen anpassen", so Gassen. Eine Aufrechterhaltung der Budgetierung sei damit nicht zu vereinbaren.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Auf Abschottung getrimmt

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