Keine Arztphobie

Projekt erklärt Migranten Gesundheitsthemen

Was macht ein deutscher Arzt – wie funktioniert eine Impfung? Kammer Nordrhein und AOK entwickeln ein Projekt, um bei Migrantenkindern Kompetenz für Gesundheitsthemen aufzubauen – und ihnen so die Angst vor dem Praxisbesuch zu nehmen.

Von Katrin Berkenkopf Veröffentlicht:
Ein Projekt geht unter anderem auf Flüchtlingskinder zu, um ihnen Gesundheitsthemen verständlich zu erklären.

Ein Projekt geht unter anderem auf Flüchtlingskinder zu, um ihnen Gesundheitsthemen verständlich zu erklären.

© Jonathan Stutz / Fotolia

KÖLN. Was erwartet mich beim Kinderarzt? Wie kann ich ihm am besten sagen, wie ich mich fühle? Um den Aufbau von Gesundheitskompetenz für Kinder geht es im neuen Projekt "Ich kenn mich aus", das die Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) und die AOK Rheinland/Hamburg zum neuen Schuljahr als Teil ihres Programmes "Gesund macht Schule" gestartet haben.

Das Projekt hat gerade den Sonderpreis beim "Gesundheitspreis Nordrhein-Westfalen" gewonnen. "Ärztekammer und AOK zeigen in vorbildlicher Weise, wie die gesundheitliche Versorgung verbessert werden kann, wenn sie sich an den individuellen Bedürfnissen und Bedarfen der Menschen orientiert", begründete Gesundheitsministerin Barbara Steffens die Auszeichnung.

Zielgruppe sind insbesondere Grundschüler mit Migrationshintergrund oder besonderem Förderbedarf. Das Programm-Material war bislang schon differenziert für verschiedene Altersstufen konzipiert.

Schon bei der Sprache fängt es an

Mittlerweile haben die Projektverantwortlichen erkannt, dass auch Kinder gleichen Alters, aber mit unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten spezifische Ansprache brauchen. "Material für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache muss andere Satzstrukturen haben", erklärt Sabine Schindler-Marlow, die bei der ÄKNo für das Programm verantwortlich ist.

Diese Thematik sei mit der zunehmenden Zahl an Flüchtlingskindern in den Grundschulen und dem wachsenden Anteil der Schüler mit erhöhtem Förderbedarf in den vergangenen Jahren dringlicher geworden.

Für jede Klasse ist das Material zu "Ich kenn mich aus" deshalb in drei verschiedenen Leistungsstufen erhältlich, "damit alle Erfolgserlebnisse haben", so Schindler-Marlow.

Die Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen ist nach wie vor stark vom Bildungsstand ihrer Eltern abhängig. Mit "Ich kenn mich aus" sollen die Fähigkeiten von Kindern als aktive Patienten schon im jungen Alter unterstützt werden.

Wie läuft eine Untersuchung ab? Wie eine Impfung?

Sie lernen beispielsweise den Ablauf von Untersuchungen oder den Sinn von Impfungen kennen und können ihre sprachliche Kompetenz für die Kommunikation mit dem Arzt erweitern. Das soll die Hemmschwellen und Ängste bei Krankheit und einem notwendigen Arztbesuch senken.

Derzeit starten die ersten Fortbildungen für Lehrer teilnehmender Schulen. Zunächst wird bei allen Grundschulen, die bereits an "Gesund macht Schule" angeschlossen sind, für das neue Modul geworben. Wie viele Schulen am Ende mitmachen, kann die ÄKNo noch nicht absehen.

In den drei Projektregionen Nordrhein, Hamburg und Sachsen-Anhalt sind aktuell rund 330 Grundschulen an "Gesund macht Schule" beteiligt, davon allein 290 in Nordrhein. Den hohen Anteil erklärt Schindler-Marlow damit, dass das Programm hier bereits 1990 unter anderem Namen seinen Anfang nahm und deshalb gut etabliert ist – und das auch bei den Ärzten.

300 sogenannte Patenärzte gab es bislang im Programm für Nordrhein. Auf einen Aufruf, das neue Modul "Ich kenn mich aus" zu unterstützen, meldeten sich weitere 80 Mediziner. "Wir können bislang für alle Schulen, die Interesse haben, einen Patenarzt zur Verfügung stellen."

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