Psychisch Kranke bleiben bei der Pflege weiter im Nachteil

Gesetz ist Gesetz - Betreuung psychisch Kranker ist keine Verrichtung im Sinne der Pflegeversicherung.

Veröffentlicht:

DARMSTADT (mwo). Der Aufsichtsbedarf geistig behinderter, psychisch kranker oder dementer Menschen wird bei der Einstufung in der Pflegeversicherung weiterhin nicht berücksichtigt. Allerdings können diese Menschen inzwischen anderweitige Leistungen von der Pflegeversicherung erhalten, wie das Hessische Landessozialgericht (LSG) Darmstadt in einem inzwischen schriftlich veröffentlichten Urteil betont.

Der 62-jährige Kläger leidet an paranoider Schizophrenie und Antriebsminderung. Er wird von seiner Schwester versorgt und betreut. Sie muss ständig auf ihn aufpassen, der Bedarf an Grundpflege nach den Maßstäben der Pflegeversicherung beträgt aber nur 33 Minuten am Tag. Um wenigstens die Pflegestufe 1 zu erreichen, müssten täglich mindestens 45 Minuten zusammenkommen. Den Antrag auf Pflegegeld lehnte die Pflegekasse daher ab. Zu Recht, wie das LSG bestätigte.

Der faktische Ausschluss geistig Behinderter durch die "verrichtungsbezogenen" Kriterien der Pflegeversicherung sei lange kritisiert worden, doch einer Berücksichtigung von Betreuungsleistungen stehe auch heute noch die geltende Rechtslage entgegen. Die Kritik sei verständlich, doch auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es Sache des Gesetzgebers, darauf zu reagieren.

Und in geringem Umfang habe er das mit dem "Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung" vom Mai 2008 auch getan. Damit seien die Hilfen für Menschen mit "einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz" von zuvor bescheidenen 460 auf jetzt immerhin bis zu 2400 Euro jährlich erhöht worden. Zudem könnten diese Leistung jetzt auch Menschen bekommen, deren körperlicher Pflegebedarf die Kriterien der Pflegestufe 1 nicht erreicht. Dem Kläger stehe es frei, bei seiner Pflegekasse einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Urteil des Hessischen Landessozialgerichts, Az: L 8 P 35/07 Lesen Sie dazu auch: GEK-Pflegereport belegt: Prävention zahlt sich aus Auf dem Land droht ein Pflegenotstand Pflegekräfte sehen für sich Dauerkonjunktur

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Anhörung der Verbände im BMG

Krankenhausreform: Kritik an Warkens „Verwässerungsgesetz“

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Gastbeitrag

Wie sinnvoll sind Injektionen an der Wirbelsäule?

Lesetipps
Adipöse Kinder und Jugendliche tragen für den Rest ihres Lebens eine enorme Bürde mit sich. Die Folgen zeichnen sich bereits im Kindesalter ab und erstrecken sich bis ins Erwachsenenalter.

© kwanchaichaiudom / stock.adobe.com

Adipositas bei Kindern und Jugendlichen

Hoffnung auf neue Medikamente zur Gewichtsreduktion bei Kindern