Trotz Einigung

Psychotherapeuten fürchten um Kassensitze

Der Honorarstreit ist endgültig beendet - die Einigung steht. Bloß die Psychotherapeuten schlagen Alarm. Sie warnen, dass jede vierte Praxis stillgelegt werden könnte.

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Leere Stühle: Die Psychotherapeuten sind mit dem Honorarkompromiss unzufrieden.

Leere Stühle: Die Psychotherapeuten sind mit dem Honorarkompromiss unzufrieden.

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BERLIN (sun). Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband haben ihren Honorarstreit nun auch offiziell beendet. Entsprechende Eckpunkte von Anfang Oktober seien nun auch formal beschlossen worden, sagte Roland Stahl, Sprecher der KBV.

Nun müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassen die Umsetzung in den Regionen aushandeln. Zufrieden sind dennoch nicht alle mit dem Kompromiss: Jetzt schlägt die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) Alarm.

Aus ihrer Sicht führt der Kompromiss der Verhandlungen zwar zu einer Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung auf dem Land, die Situation in den Städten könnte sich allerdings dramatisch verschlechtern.

Zur Erinnerung: Ärzte und Kassen haben sich darauf geeinigt, psychotherapeutische Leistungen aus dem Budget der Fachärzte auszudeckeln. Künftig sollen die Kassen das Mengenrisiko für die Leistungen übernehmen.

Im Gegenzug soll das finanzielle Risiko der Kassen minimiert werden, in dem in der Reform der Bedarfsplanung die Anzahl der zusätzlichen Sitze für Psychotherapeuten in ländlichen Regionen auf 1150 beschränkt werden soll.

Damit drohe jedoch ab 2013 der Abbau jeder vierten psychotherapeutischen Praxis in Deutschland, warnt die BPtK. Rund 5700 der knapp 23.000 Sitze könnten stillgelegt werden.

In Deutschland warteten aber bereits heute psychisch kranke Menschen durchschnittlich 12,5 Wochen auf ein erstes Gespräch bei einem Psychotherapeuten, betonte BPtK-Präsident Professor Rainer Richter.

Daher fordert die BPtK jetzt eine Neuberechnung der notwendigen Anzahl der Sitze. "Während sich die Versorgung auf dem Land nun erfreulicherweise verbessern wird, gehen in Groß- und Kreisstädten aber Tausende Praxen verloren", so Richter.

Ohne eine Neuberechnung der Verhältniszahlen für Psychotherapeuten werde sich die Zahl der Behandlungsplätze für psychisch Kranke massiv verringern.

Dass die psychotherapeutische Versorgung gefährdet ist, obwohl es mehr Sitze geben soll, klingt paradox: Im Jahr 1999 sei in der Bedarfsplanung die notwendige Anzahl psychotherapeutischer Praxen unterschätzt worden sei, erklärt Richter.

Trotz langer Wartezeiten - auch in Großstädten - weise die Bedarfsplanung aufgrund fehlerhafter Verhältniszahlen die Region aus überversorgt aus.

Der Gesetzgeber hat den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz beauftragt, bis Ende 2012 die Verhältniszahlen neu zu berechnen. "Vergütungsvereinbarungen zwischen Ärzten und Kassen dürfen jetzt nicht dazu führen, dass der GBA seinen gesetzlichen Auftrag nicht erfüllt", forderte Richter.

Der Sprecher der KBV warf den Psychotherapeuten vor, "Horrorszenarien" zu zeichnen. Es gebe keine Pläne, Sitze abzubauen. Allen Akteuren sei klar, dass der Bedarf psychotherapeutischer Leistungen steige.

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