Urteil

Reiseversicherung ist für Kassen tabu

Landessozialgericht Hamm untersagt zwei BKKen, ihren Versicherten Auslandsreiseschutz anzubieten.

Veröffentlicht:

KÖLN. Gesetzliche Krankenkassen dürfen ihren Versicherten als Teil des Krankenversicherungsschutzes keine private Auslandsreisekrankenversicherung anbieten. Das hat das Landessozialgericht Hessen (LSG) in zwei Verfahren entschieden.

In ihrer Auseinandersetzung mit dem Bundesversicherungsamt (BVA) zogen damit die Betriebskrankenkassen PwC und R+V den Kürzeren.

Die LSG-Richter folgten der Argumentation des BVA, dass es im Sozialgesetzbuch V keine gesetzliche Grundlage für eine solche Leistung gibt.

Das LSG hat die Revision beim Bundessozialgericht nicht zugelassen. Zwar liegt das Urteil noch nicht schriftlich vor, doch es zeichnet sich ab, dass die Kassen dagegen Beschwerde einlegen werden.

"Wir wollen jedes juristische Mittel ausschöpfen", sagt Lars Grein, Vorstand der BKK PwC, der "Ärzte Zeitung".

Seine Kasse bietet wie eine Reihe anderer Kassen den Versicherten seit einigen Jahren die private Zusatzdeckung bei Auslandsreisen an.

Das ist nach seinen Angaben nicht nur ein Zusatzservice für die Versicherten, sondern vermindert auch die Kosten und den Aufwand, die Krankenkassen haben, wenn gesetzlich Versicherte Rechnungen aus dem Ausland einreichen. "Das Angebot ist wirtschaftlich und kostet keine Beitragsmittel", betont Grein.

Da die Kassen die Wirtschaftlichkeit belegen konnten, hatte das BVA einige Jahre auch nichts gegen das Vorgehen der Kassen. Das änderte sich im September 2011. Damals untersagte die Aufsicht den BKKen, das Angebot nach dem 31. Dezember 2012 aufrecht zu erhalten.

Kassen wollen Gesetzesänderung erreichen

Einige Kassen folgten der Anweisung, während neben der BKK PwC und der BKK R+V auch die BKK E.ON, die BKK RWE, die BKK Demag-Krauss Maffei und die Deutsche BKK dagegen Klage einlegten.

Die BKK RWE hat bereits eine Schlappe vor dem LSG Niedersachsen erlitten, die anderen drei Verfahren sind noch anhängig. Bis auf die R+V bieten die Kassen den Versicherten die Auslandsreisekrankenversicherung der Barmenia, die BKK R+V kooperiert mit der R+V Krankenversicherung.

"Die Richter hat weder die Wirtschaftlichkeit unseres Angebots noch der Nutzen für die Versicherten interessiert", ärgert sich Grein.

Vor dem Einschreiten des BVA erhielten rund 3,5 Millionen Versicherte über ihre Kasse eine private Zusatzdeckung, jetzt sind es nach seiner Schätzung noch mindestens 2,5 Millionen.

Bis die Sache endgültig gerichtlich geklärt ist, halten die Kassen an der Deckung fest.

Sie sind seit längerem auch auf politischer Ebene aktiv, um eine Gesetzesänderung zu erreichen. Die Kassen schlagen vor, dass Paragraf 194 Absatz 1a, der die Kooperation der gesetzlichen Kassen mit PKV-Unternehmen regelt, um einen Satz ergänzt wird: "Zulässig ist auch der Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung als Gruppenversicherungsvertrag für alle Versicherten der Krankenkasse."

Grein verweist darauf, dass manche Länderaufsichten den ihnen unterstehenden Kassen das Angebot weiterhin erlauben.

Für sie ist offenbar entscheidend, dass es im Gesetz kein entsprechendes Verbot gibt. So schließt die IKK Südwest in Saarbrücken seit dem 1. März dieses Jahres eine private Auslandsreisekrankenversicherung der Signal Iduna in ihren Leistungsumfang ein. (iss)

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