Richter setzen Wahltarifen Grenzen

Buhlen um Versicherte mit Wahltarifen: Manche Krankenkassen reizen die Möglichkeiten weit aus - zu weit, wie jetzt das Bundessozialgericht klargestellt hat.

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Securvita BKK: Eine Idee weiter, einen Wahltarif weniger.

Securvita BKK: Eine Idee weiter, einen Wahltarif weniger.

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KASSEL/HAMBURG (mwo/fst). Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat den Spielraum der gesetzlichen Krankenkassen bei Wahltarifen mit Selbstbehalt deutlich begrenzt.

Solche Tarife sind nur für die hauptversicherten Mitglieder zulässig und müssen sich selber tragen, wie das BSG in Kassel entschied. Freiwillige und Pflichtmitglieder müssen gleichbehandelt werden.

Damit verwarf das BSG den Selbstbehalttarif der Securvita BKK. In drei Einkommensgruppen lag der Selbstbehalt bei 200, 400 oder 600 Euro. Die dafür versprochenen Prämien lagen in jeweils genau gleicher Höhe.

Quersubvention verboten

Aus der Satzung war allerdings nicht ersichtlich, dass die gesetzliche Deckelung der Prämien dazu führt, dass diese in der mittleren Einkommensgruppe deutlich geringer ausfallen kann, etwa nur 168 statt der 400 Euro bei einem Monatseinkommen von 852 Euro.

Das Bundesversicherungsamt (BVA) weigerte sich, diesen Tarif zu genehmigen - zu Recht, wie das BSG entschied. Es bekräftigte dabei das Verbot der Quersubventionen durch Mitglieder außerhalb dieses Tarifs.

Das BSG bezweifelte, dass der Securvita-Tarif diese Voraussetzung erfüllt, ließ diese Frage letztlich aber offen.

Gleichheitsgebot verletzt

Die Satzung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie bezüglich der mittleren Einkommensgruppe nicht klar sei. Es werde verschwiegen, dass wegen gesetzlicher Grenzen nicht jeder die versprochene Prämie von - in diesem Fall - 400 Euro bekommt.

Dass dieses Risiko ausgerechnet die unteren Einkommen der Gruppe betrifft, verstoße zudem gegen das Gleichheitsgebot.

Einen Gleichheitsverstoß sah das BSG auch darin, dass der Tarif in der unteren Einkommensgruppe bis 851 Euro nur für freiwillig Versicherte offen war, nicht aber für Pflichtversicherte mit gleichen Einkünften.

Kasse wartet Urteil ab

Aus Sicht des Verwaltungsratsvorsitzenden der Securvita BKK, Thomas Martens, muss in wichtigen Punkten die schriftliche Urteilsbegründung des BSG abgewartet werden.

So sei etwa noch unklar, ob die Securvita nun einen Wahltarif anbieten darf, bei dem die Prämie und der Selbstbehalt die gleiche Höhe haben, sagte Martens der "Ärzte Zeitung".

Der Beschluss wird nach Einschätzung von Martens Konsequenzen über die Securvita BKK hinaus haben. Denn auch bei etlichen anderen Kassen beziehe sich der Selbstbehalt sowohl auf Mitglieder wie auch auf mitversicherte Angehörige.

Das BVA müsste demnach viele bereits genehmigte Tarife wieder vom Markt nehmen lassen, glaubt Martens. Allerdings sei dieser beanstandete Passus in einer Mustersatzung aller BKKen verankert, die zuvor vom BVA genehmigt worden war.

Az.: B 1 A 1/11 R

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Quadratur des Wettbewerbs

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