Debatte um duales System
Rüddel sieht PKV eher als Zusatzversicherung
Erwin Rüddel, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag, erhebt scharfe Vorwürfe gegen die SPD: Der Koalitionspartner wolle die PKV „aushungern“.
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Die Debatte über die Bürgerversicherung taugt nur für Wahlprogramme , meint der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel.
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Köln. Die Bürgerversicherung hat in der nahen Zukunft keine Chance auf Umsetzung, erwartet der CDU-Politiker Erwin Rüddel, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag.
„Die Bürgerversicherung spielt ausschließlich im Wahlkampf eine Rolle, danach bei keinem mehr“, sagte er bei einer Online-Konferenz des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig.
Das gelte selbst für den Fall einer rot-rot-grünen Koalition, denn ihre drei Modelle zur Bürgerversicherung seien sehr unterschiedlich. Die Diskussion über die Bürgerversicherung ist rein ideologisch und bringt fachlich überhaupt nichts, so Rüddel.
Er hält das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung für sinnvoll. „Viele Innovationen hätten wir nicht in der GKV, wenn es die PKV nicht geben würde.“ Allerdings goss er auch Wasser in den Wein der Privatversicherer: „Die Zukunft der PKV sehe ich mehr in einer Zusatzversicherung als in einer Vollversicherung.“
„PKV eher weiterentwickeln“
Die Politik habe die GKV in den vergangenen Jahren regelmäßig reformiert, damit sie Schritt halten könne mit aktuellen Entwicklungen, sagte er. Bei den privaten Krankenversicherern sehe das anders aus. Bei ihnen verhindere der Koalitionspartner SPD jede Möglichkeit der Anpassung an veränderte Gegebenheiten. „Der Koalitionspartner versucht, die PKV auszuhungern“, berichtete Rüddel. „Meine Vorstellung geht eher dahin, die PKV weiterzuentwickeln.“
Regelungen im Sinne des Verbraucherschutzes in der PKV würden leider von der SPD verhindert, bestätigte Dr. Florian Reuther, der Direktor des PKV-Verbands. Das gelte etwa für die Beitragsanpassungen. Hier macht sich die Branche seit langem für eine veränderte Mechanik stark, die es ermöglichen würde, die Beiträge regelmäßig zu erhöhen und große Sprünge zu vermeiden. „Wenn wir da Fortschritte hätten, sähe der ein oder andere Einzelfall anders aus.“
Die grundsätzliche Kritik an stark steigenden PKV-Beiträgen sowie hohen Prämien für ältere Versicherte wies Reuther zurück. „Wir haben im Alter gut berechenbare und auch für Versicherte akzeptable Beiträge.“
„Brauchen mehr Kapitaldeckung“
Reuther setzt für die Zukunft auf einen Mix aus Kapitaldeckung und Umlageverfahren. Allerdings: „Gerade mit Blick auf die demografische Herausforderung brauchen wir mehr Kapitaldeckung, denn Kapitaldeckung funktioniert.“
Sie könne keine Überlegenheit der Kapitaldeckung erkennen, sagte dagegen die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer. Ihrer Meinung nach hat die PKV ein Kostenproblem. Anders als den gesetzlichen Krankenkassen sei den Privatversicherern die Steuerung der Ausgaben kaum möglich.
Während die PKV immer wieder darauf hinweist, dass sie über höhere Honorare, die sie zahlt, einen großen zusätzlichen Finanzierungsbeitrag ins Gesundheitssystem steckt, sieht Pfeiffer das erwartungsgemäß anders. „Die PKV profitiert von vielem, was die GKV leistet.“ So gäbe es ohne gesetzliche Kassen keine flächendeckende Versorgung durch niedergelassene Ärzte. Auch profitierten die Privaten von den Verhandlungen der GKV zu Festbeträgen für Arzneimittel.
Pfeiffer: Berechtigung für die PKV?
Die Dualität von GKV und PKV ist für Pfeiffer nicht in Stein gemeißelt. „Für mich ist für die Zukunft die Frage zu stellen, ob es eine Berechtigung für ein solches System gibt.“ Sie sieht die Vorteile letztlich bei der GKV. „Ich glaube aber nicht, dass die Bürgerversicherung die Finanzierungsprobleme der GKV lösen würde.“
Vorstellen kann sie sich dagegen, dass die GKV einmal der PKV zur Seite springen muss. „Ich glaube, dass die PKV durch den Niedrigzins und mangelnde Steuerungsmöglichkeiten ein Problem bekommt, das dann die GKV tragen müsste.“