Saarland: Freie Arztsitze - ohne Nachwuchs

Die neue Bedarfsplanung bringt Ärzten an der Saar neue Chancen, meint KBV-Chef Andreas Köhler. Zugleich macht er klar, dass es nicht mehr in jedem Dorf einen Hausarzt und in jeder Stadt einen Facharzt geben wird.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:
KBV-Chef Köhler: Irrsinnige Nachweise bei der Psychotherapie.

KBV-Chef Köhler: Irrsinnige Nachweise bei der Psychotherapie.

© dpa

SAARBRÜCKEN. KBV-Chef Dr. Andreas Köhler hat bei der saarländischen Fachärzte-Basis für das neue Versorgungsstrukturgesetz geworben. "Das ist mehr als ein Landärztegesetz", sagte er beim saarländischen Fachärztetag am vergangenen Samstag in Saarbrücken. "Das Gesetz bietet wirklich Chancen."

Das wichtigste an dem neuen Gesetz sei, dass der Ärztemangel als Problem anerkannt werde. "Wir müssen in den nächsten zehn Jahren bundesweit 42.000 Praxen nachbesetzen", erklärte Köhler, davon 22.000 fachärztliche Praxen.

Das aber werde nicht zu schaffen sein. "Wir kriegen das nicht mehr hin, in jedem Dorf einen Hausarzt und in jeder Kreisstadt einen Facharzt zu haben", so Köhler. Daher seien neue Formen der Versorgung notwendig.

Der KBV-Chef beklagte, man habe die ärztlichen "Grundversorger" in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt. "Nicht mehr die Hausärzte verdienen am wenigsten, sondern die in der Grundversorgung tätigen Fachärzte", meinte Köhler.

Als Beispiel nannte er Augenarzt-Praxen mit einem Quartals-Umsatz von 24.000 Euro. "Damit kann ich doch keine Praxis mehr betreiben". Finanziell könnte nach Köhlers Ausführungen die Psychotherapie den Fachärzten noch schwer zu schaffen machen.

Nachwuchs händeringend gesucht

"Wir haben eine irrsinnig steigende Nachfrage nach Psychotherapie", sagte der KBV-Chef. Das Dilemma für die Fachärzte: Je mehr Psychotherapie gemacht werde, desto mehr Geld gehe dafür aus dem Topf der Fachärzte verloren.

Da bei den Psychotherapeuten der Preis pro Leistung nicht heruntergefahren werden darf, hat Köhler jetzt ins Gespräch gebracht, wenigstens die Behandlungszeiten zu quotieren.

Für die künftig vorgesehene Bedarfsplanung hat die KBV hält die KBV im Vergleich zu 1990 und unter Berücksichtigung der Altersentwicklung der Bevölkerung insgesamt 116 neue KV-Zulassungen für Hausärzte für möglich.

Bei den Fachärzten könnten zusätzliche Sitze für Augenärzte, Urologen sowie für Spezialisten wie Nuklearmediziner und Neurochirurgen entstehen.

Mit der neuen Bedarfsplanung hätten die Ärzte an der Saar dann zwar schwarz auf weiß, dass es zu wenige Ärzte gibt. Doch an der Ärztebasis geht die Frage um: Woher sollen die zusätzlichen Ärzte kommen?

"Wir bekommen heute schon keine Assistenzärzte mehr und finden keine Praxisnachfolger", sagte der Vorsitzende des Facharztforums Saar, Dr. Dirk Jesinghaus.

Hausarzt sieht schwarz

Thomas Rehlinger, Vorstandsmitglied im Saarländischen Hausärzteverband, pflichtete ihm bei: "Ich sehe schwarz, wenn das so weitergeht". Im Saarland sei nur noch die Hälfte der Stellen für Weiterbildungsassistenten besetzt.

Große Hoffnungen setzen die Ärzte auf die Uniklinik in Homburg/Saar. Im nächsten Jahr soll dort ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin besetzt werden - auch in der Hoffnung, mehr Nachwuchs für den Hausarzt-Beruf zu gewinnen.

Allerdings waren zuletzt Sparvorschläge in die Diskussion gekommen, man könne an der medizinischen Fakultät Millionen einsparen, wenn man die Zahl der Medizin-Studenten in Homburg senkt.

Die Vertreter von SPD und CDU versicherten aber beim Fachärztetag in Saarbrücken, dass an der medizinischen Fakultät nicht gerüttelt werde.

Die Gefahr kommt nach Ansicht von CDU-Gesundheitspolitiker Alfons Vogtel eher aus einer anderen Richtung: "Wenn es zu einer Länder-Fusion käme, dann würde man sicher überlegen, ob diese Fakultät im Saarland notwendig ist".

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