Frankreich

Sachleistungsprinzip verfassungswidrig

Lang lebe die Kostenerstattung! Frankreichs Verfassungsgericht kippt das Sachleistungsprinzip.

Veröffentlicht:

PARIS. Frankreichs Ärzte jubeln: Am 22. Januar hat der nationale Verfassungshof das umstrittene Sachleistungsmodell, dass die Regierung gegen den erbitterten Widerstand der Ärzteschaft einführen wollte, für verfassungswidrig erklärt.

Nach erfolglosen Streiks und Massendemonstrationen gegen die Reform hatten Ärzteverbände gegen den Gesetzentwurf geklagt. Der Verfassungshof begründet seine Entscheidung damit, dass die Regierung oder der Staat nicht berechtigt seien, berufstätigen Menschen, die selbst keine Staatsangestellten sind, eine Abrechnungsmethode zu diktieren.

Ärzteverbände sprechen von einem großen Sieg, nicht zuletzt weil Sozialministerin Marisol Touraine nach dem Gerichtsentscheid resigniert. Die Regierung plant zumindest vor der nächsten Präsidentenwahl nicht mehr , das Thema erneut auf die Tagesordnung zu bringen.

2012 hatte der damalige Präsidentschaftskandidat François Hollande versprochen, das traditionelle Kostenerstattungsmodell durch das Sachleistmodell zu ersetzen, vor allem um den Zugang von sozial schwächeren Patienten zum Arzt ihrer Wahl zu erleichtern.

Das Problem: Ärzte, die diese Patienten ohnehin bereits freiwillig auf Sachleistungsbasis behandeln, müssen dafür erheblich mehr bürokratische Arbeit leisten als für Patienten, die nach dem traditionellen System versorgt werden.

Aus Angst vor noch mehr Bürokratie wurde deshalb die Ausweitung des Sachleistungsmodells auf alle Patienten abgelehnt. Die Mehrheit der Bevölkerung könne ohne Probleme einige Tage bis zur Rückerstattung des beim Arzt bezahlten Geldes von den Kassen warten, hieß es.

Darüber hinaus befürchteten Ärzte mit der Einführung des jetzt gekippten Modells auch einen wachsenden Einfluss der Kassen auf ihre eigenen Interessen.

Mit dem Gerichtsurteil ist allerdings nur ein Teilkomplex einer umfassenden Gesundheitsreform gescheitert, die in den kommenden Monaten in Kraft treten wird. Gesundheitsministerin Touraine gilt nach dem Gerichtsspruch als politisch geschwächt, ihr droht weiter Gegenwind, weil Ärzteverbände für höhere Honorare kämpfen wollen. (DDB)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Etliche Ergänzungen

WHO hat Liste unentbehrlicher Arzneimittel aktualisiert

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie können Ärztinnen und Ärzte unter Druck die richtigen Entscheidungen treffen, Dr. Burda?

Deutsche Herzstiftung

Herzbericht 2025: Impfen schützt das Herz!

Lesetipps
Schild eines Hautarztes mit den Öffnungszeiten.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

Dermatologische Komplikationen

Was tun, wenn beim Diabetes die Haut Ärger macht?

Eine Krankenpfleger analysiert das gerade aufgenommene Röntgenbild eines älteren Patienten auf einem Computermonitor.

© izusek / Getty Images / iStock

Unterschiedliche DXA-Scores wichtig

Osteoporose bei Männern: Tipps zur Diagnostik und Therapie

Äpfel und eine Flasche Apfelessig

© Sea Wave / stock.adobe.com

Kasuistik

Apfelessig-Diät verursachte Leberschädigung