Pflegereform

Schritte zu einer neuen Pflege-Finanzierung

Gewerkschaften und Sozialverbänden reißt der Geduldsfaden: Sie skizzieren, an welchen Stellschrauben bei der Pflege gedreht werden sollte.

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Wie soll es mit der Finanzierung der Pflege weitergehen? Ein Bündnis aus verschiedenen Organisationen hat jetzt eigene Vorschläge vorgelegt.

Wie soll es mit der Finanzierung der Pflege weitergehen? Ein Bündnis aus verschiedenen Organisationen hat jetzt eigene Vorschläge vorgelegt.

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Berlin. Das „Bündnis für gute Pflege“, ein Zusammenschluss von 23 Organisationen, vor allem Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften, fordert eine rasche Reform der Pflegeversicherung. Die Kosten bisheriger Reformschritte seien einseitig den zu Pflegenden und ihren Angehörigen aufgebürdet worden, sodass Pflegebedürftigkeit „zum Armutsrisiko geworden ist“, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Forderungspapier. Die Autoren fordern:

  • Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen: Die Pflegekassen hätten im Jahr 2018 gesamtgesellschaftliche Aufgaben im Umfang von etwa 2,7 Milliarden Euro stemmen müssen. Das entspreche rund 0,2 Beitragspunkten.
  • Medizinische Behandlungspflege als Aufgabe der Kassen: Bei der Etablierung der Pflegeversicherung sei diese „originäre Aufgabe“ der GKV systemfremd der Pflegeversicherung zugeordnet worden. Leistungen in der häuslichen Pflege würden von der GKV finanziert, nicht aber in der stationären Pflege. Das Verschieben dieser Aufgabe in die GKV könnte Heimbewohner entlasten und einer Beitragssenkung von 0,2 Punkten führen.
  • Auflösung Pflegevorsorgefonds: Die im Fonds gebundenen Mittel in Höhe von bislang sieben Milliarden Euro sollten in die Pflegeversicherung fließen, da sie die Beiträge „nicht nachhaltig stabilisieren“ könnten.
  • Begrenzung der Eigenanteile: Durch den Sockel-Spitze-Tausch sollten die zu erbringenden Eigenanteile gedeckelt werden. Alle darüber hinaus gehenden Kosten wären von der Pflegeversicherung zu tragen. Als mittelfristiges Ziel formuliert das Bündnis, der Eigenanteil für pflegebedingte Kosten müsse auf Null sinken.
  • Länder bei Investitionskosten in der Pflicht: Paragraf 9 SGB VI enthält nur eine Soll-Regelung, wonach die Länder für das Vorhalten einer pflegerischen Versorgungsstruktur verantwortlich sind. Als Folge unterschieden sich die Landespflegegesetze bei der Finanzierung von Investitionskosten stark. Im Schnitt müssten bisher Heimbewohner monatlich 455 Euro für Investitionskosten zahlen.

Mittelfristig solle die Pflegeversicherung auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt und die Beitragsbemessungsgrenze „mindestens“ auf das Niveau der Rentenversicherung (6900 statt 4687,50 Euro) angehoben werden. Pflegepolitikerinnen der Opposition begrüßten das Papier. Aus Sicht von Kordula Schulz-Asche (Grüne) tickt für die Regierung „die Schuldenuhr bei den pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen immer lauter“. Sie warf der Koalition „Lethargie“ vor. Pia Zimmermann von der Linksfraktion mahnte einen „Systemwechsel zur solidarischen Pflegevollversicherung“ an. In einem ersten Sofort-Schritt sollte die Beitragsbemessungsgrenze „kräftig“ angehoben und dann abgeschafft werden. (fst)

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