Beirat für Morbi-RSA-Reform

Spahn lässt Wasem außen vor

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn räumt im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesversicherungsamtes auf - in jenem Gremium, das die Reform des Morbi-RSA begleitet. Prominentes Opfer ist Professor Jürgen Wasem. Dieser spricht von "Bestrafung".

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Professor Jürgen Wasem gehört nicht mehr dem Wissenschaftlichen Beirat des Bundesversicherungsamtes an.

Professor Jürgen Wasem gehört nicht mehr dem Wissenschaftlichen Beirat des Bundesversicherungsamtes an.

© UDE / Frank Preuß

BERLIN. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) startet einen Generationenwechsel in einem wichtigen Gremium des Gesundheitswesens.

Professor Jürgen Wasem gehört nicht mehr dem Wissenschaftlichen Beirat des Bundesversicherungsamtes an. Das haben Regierungskreise der "Ärzte Zeitung" bestätigt. Wasem ist zudem Vorsitzender der Schiedsstellen für die ambulante Versorgung und für die Preisfindung bei neuen Arzneimitteln.

Ebenfalls nicht erneut berufen wurden die Professoren Eberhard Wille und Joerg Hasford sowie Dr. Ingrid Schubert. Aufrücken sollen dagegen die Professoren Wolfgang Greiner (Bielefeld), Katrin Janhsen (Bochum), Robert Nuscheler (Augsburg), Leonie Sundmacher und Amelie Wuppermann (beide München), wie die neue Zusammensetzung des Gremiums zeigt, die auf der BVA-Webseite aufgeführt ist.

"Wie man hört, ist die Nicht-Berufung auch die ,Bestrafung‘ für die mit Recht von Herrn Wille und mir geäußerte Kritik an der Idee von Spahn, vorschnell die Kassen zu zwingen, ihre Rücklagen durch Senkung der Zusatzbeiträge auszuschütten", sagte Wasem am Donnerstag der "Ärzte Zeitung".

Gutachten für Finanzausgleich-Reform vorgelegt

Der Beirat hat in den vergangenen Jahren durch mehrere Gutachten die Reform des Finanzausgleichs der gesetzlichen Krankenkassen untereinander vorbereitet.

Das jüngste Gutachten zu regionalen Effekten des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) haben die Beiratsmitglieder erst in diesem Sommer vorgelegt.

In einem Gutachten vergangenen Oktober hatten die Beiratsmitglieder vorgeschlagen, die Berechnungen künftig auf der Basis aller abrechenbaren Krankheiten vorzunehmen. Derzeit gründet der Ausgleich auf der Verteilung von 80 ausgewählten Krankheitsbildern.

Noch für diesen Herbst wird ein Gesetzentwurf zur Reform des Finanzausgleichs aus dem Gesundheitsministerium erwartet.

"Ich hoffe, dass die durch die Nicht-Berufung von Herrn Wille und mir von Herrn Spahn zum Ausdruck gebrachte Geringschätzung gegenüber unserer intensiven Arbeit an den beiden Sondergutachten nicht in einer Geringschätzung der Inhalte dieser wertvollen Diskussionsgrundlagen ihre Fortsetzung findet", sagte Wasem der "Ärzte Zeitung".

Vor allem die Expertise vom Herbst 2017 war jenseits des AOK-Systems auf teils harsche Kritik gestoßen. Die Gutachter attestieren dem Morbi-RSA, leistungsfähig zu sein. Politisch motivierte Ad-hoc-Reformen lehnten sie indes ab.

AOK bereit für Reform

"Aus beiden Gutachten lässt sich eine tragfähige Reform ableiten", sagte der Vorstandschef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, am Donnerstag. Es sei sinnvoll, für den Ausgleich nicht mehr nur 80 Krankheiten wie bisher, sondern alle Krankheiten heranzuziehen.

Einer Art Ist-Ausgaben-Ausgleich, wie er als Möglichkeit im jüngsten Gutachten zu möglichen Regionaleffekten des Morbi-RSA angesprochen wird, erteilte Litsch dagegen eine Absage. Überhaupt sei die kurzfristige Einführung von regionalen Ausgleichskriterien nicht sachgerecht, sagte Litsch.

Die zementierten Über- und Fehlversorgung in Ballungsräumen und benachteiligten strukturschwache Regionen in allen Bundesländern gleichermaßen.

Wir haben den Artikel aktualisiert am 30.08.2018 um 15:41 Uhr.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Morbi-RSA wird zum Politikum

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