Bayern contra Berlin

Streit um geplante Ausweitung der Corona-Tests

Wer will, soll sich in Bayern ab dem 1. Juli kostenlos auf SARS-CoV-2 testen lassen können. Doch der Vorschlag von Ministerpräsident Söder ruft auch Skeptiker auf den Plan. Zu denen gehört der Bundesgesundheitsminister.

Von Birgit Fenzel Veröffentlicht:
Ihre Vorstellungen zu den Coronatests liegen weit auseinander: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) (Archivbild).

Ihre Vorstellungen zu den Coronatests liegen weit auseinander: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) (Archivbild).

© Peter Kneffel / dpa

München. Bayerns Pläne, ab dem 1. Juli kostenlose Corona-Tests für alle zu ermöglichen, werden nicht von allen Seiten begrüßt. So möchte die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) die Ausweitung der Corona-Tests nicht kommentieren. Wie KVB-Sprecher Dr. Axel Heise am Montag in München auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“ jedoch erklärte, sind bis zum Start am Mittwoch noch eine Reihe organisatorischer Fragen zu klären.

Zum Beispiel müsse geklärt werden, welche Hausärzte bereit sind, diese freiwillige Leistung zu erbringen. Ein Rundschreiben der KVB zu diesem Thema werde erst am Dienstag in den Praxen eintreffen, sodass sich eine Reaktion hierauf jetzt noch nicht abschätzen lasse. „Nach dem derzeitigen Stand können wir die Patienten, die einen Abstrich wünschen, nur auf unsere allgemeine Arztsuche verweisen“, so Heise.

Mit einem Ansturm von Testanfragen in den Praxen der Hausärzte rechnet er erst einmal nicht. Allerdings dürfte die Nachfrage der Patienten zumindest höher sein als in den anderen Bundesländern, weil die Möglichkeiten, sich testen zu lassen, im Freistaat umfangreicher seien.

Spahn sieht Testkapazitäten gefährdet

Auf Twitter kritisierte derweil auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die geplante Ausweitung der kostenlosen Tests auf alle Bewohner des Freistaats. Sie soll deutlich über die vor drei Wochen verabschiedete bundesweite Verordnung zum Testmodus hinausgehen.

„Einfach nur viel testen klingt gut, ist aber ohne systematisches Vorgehen nicht zielführend“, schrieb Spahn am Montag im Kurznachrichtendienst Twitter. Auf diese Weise werde das Risiko falsch-positiver Ergebnisse erhöht und die vorhandene Testkapazität würde belastet.

Diese Kritik ließ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nicht lange auf sich sitzen. „Das ist die einzige ernsthafte Option, es wird sonst zu wenig getestet“, erklärte er am Montag in München.

„Wir warten nicht auf endlose Gespräche zwischen einzelnen Kostenträgern, sondern wir gehen in Vorleistung, weil wir glauben, dass neben Abstand halten Testen die einzige ernsthafte Chance ist, Infektionsketten zu unterbrechen“, so Söder.

Die Kritik Spahns, viele Corona-Tests ohne systematisches Vorgehen seien nicht zielführend, treffe auf Bayern zudem nicht zu, da gezielte Serientests in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen ohnehin die Basis seien. Auch seien nach den Schulferien Serientests für Lehrer und Erzieher vorgesehen.

Brysch befürchten Überforderung der Ärzte

Bayern hatte angekündigt, als erstes Bundesland Corona-Tests für alle zu ermöglichen – auf Wunsch auch für Menschen ohne Symptome und ohne besonders hohes Infektionsrisiko. Dafür übernimmt das Land Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Die kostenlosen Testmöglichkeiten seien ein gutes Angebot für die Menschen, für das es bereits Lob von Patientenschützern gebe, so Söder.

Wen er damit genau meinte, sagt er allerdings nicht. Die Stiftung Patientenschutz kann es eigentlich nicht gewesen sein. Denn in deren Stellungnahme zum freizügigen bayerischen Testangebot hält sich die Begeisterung in Grenzen.

Zwar begrüßte Stiftungsvorstand Eugen Brysch die Ausweitung der Tests grundsätzlich als Mittel, zügig und schnell eine Infektionskette zu erkennen, äußerte zugleich aber die Befürchtung, dass die Hausärzte mit den PCR-Tests überfordert sein könnten.

Besonders massenhafte Tests in Pflege- und Behindertenheimen könnten sie nicht leisten. „Da müssten mobile Teams auf den Weg gebracht werden“, so Brysch. (mit Material von dpa)

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