Kommentar
Tatsächliche und gefühlte Macht
Wer soll in erster Linie darüber entscheiden, ob ein Patient ein neues, möglicherweise auch teures Arzneimittel bekommt. Der Arzt! Wer sonst?
Dass dies so sein soll, das meinen 92 Prozent der Ärzte. Doch dass dies so ist, vermögen nur 26 Prozent der Ärzte festzustellen. Diesen nun wirklich frappierenden Unterschied offenbart eine Repräsentativumfrage des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller und des NAV-Virchowbundes unter Ärzten.
Die sind der Überzeugung, nicht sie selbst, sondern die Krankenkassen (79 Prozent), der Bundesausschuss (70 Prozent) oder das Gesundheitsministerium entscheiden über die Verordnungsfähigkeit von innovativen Arzneimitteln.
Tatsache ist: Budgets, Richtgrößen und Regressrisiko haben Ärzte ängstlich gemacht. Aber furchterregende Wirkung hatten auch die Kampagnen von Lobby-Gruppen gegen Gesundheitsreformen und Kostendämpfungsgesetze. Wer seit nunmehr 30 Jahren den Ärzten einredet, mit jeder gesetzgeberischen Intervention drohe der Verlust der Therapiefreiheit, der programmiert in den Köpfen der Betroffenen Unfreiheit. So gesehen drücken die Ärzte-Antworten Ohnmachtsgefühle aus, nicht aber ihre tatsächliche Macht.
Lesen Sie dazu auch: Gute Versorgung steht auf dem Spiel Budgets und Bürokratie rauben die Freiheit