Bilanz nach drei Quartalen
Trotz Überschuss bei den Kassen: Warken sieht Beitragssätze unter hohem Druck
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) stimmt auf harte Zeiten ein. Schon 2027 drohe den Kassen ein Defizit im zweistelligen Prozentbereich. Ab März will sie die Gesetzes-Maschinerie gegen den Kassen-Kollaps anwerfen.
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Skeptischer Blick in die Zukunft: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat am Freitag einen „Gesetzgebungsprozess“ zur Stabilisierung der Finanzen der Krankenkassen angekündigt.
© Michael Kappeler/dpa
Berlin. Der Druck auf die Beitragssätze der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hält an. In den ersten neun Monaten sind die Ausgaben der 94 Krankenkassen um 7,8 Prozent gestiegen. Dem gegenüber steht ein Plus an Einnahmen von lediglich 5,3 Prozent.
In allen Sektoren wirkt die Ausgabendynamik: Für Krankenhausbehandlungen mussten die Kassen in den ersten neun Monaten des Jahres rund 7,4 Milliarden Euro, mithin 9,9 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres aufwenden. Die ambulant-ärztlichen Behandlungen erreichten einen Zuwachs von 2,9 Prozent (7,6 Prozent). Damit liege das Wachstum der Ausgaben in diesem Bereich in den ersten neun Monaten 2025 knapp doppelt so hoch wie das durchschnittliche jährliche Wachstum seit 2013.
Als Ursachen nennt das Ministerium unter anderen ein überdurchschnittliches Wachstum des Orientierungspunktwertes in den vergangenen beiden Jahren und die „kräftig steigenden“ Ausgaben für das ambulante Operieren. Diese Leistungen hätten zu Mehraufwänden in den ersten neun Monaten diesen Jahres von 306 Millionen Euro geführt.
Schlussendlich weisen auch die Aufwendungen fürdie Versorgung mit Arzneimitteln ein Plus von sechs Prozent auf, was etwa 2,5 Milliarden Euro entspricht. Das BMG sieht auch hier eine Entwicklung, die über dem langjährigen Ausgabenanstieg der Jahr 2013 bis 2024 liegt.
Sparpaket vor dem Vermittlungsausschuss
Sparen in der GKV, aber wie? Die SPD will Vertragsärzte und Pharma mit im Boot haben
In den ersten drei Quartalen haben die Kassen gleichwohl einen Überschuss erzielt. 3,6 Milliarden stehen auf der Habenseite. Dieses Plus kommt ausweislich einer Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums von Freitag aktuell allerdings nicht der Versorgung zugute. Die Krankenkassen füllten damit vorrangig ihre Finanzreserven auf das gesetzliche Mindestniveau auf. Ende des dritten Quartals beliefen sich die Reserven auf 5,4 Milliarden Euro. Dies entspreche 0,19 Monatsausgaben, teilte das Ministerium mit. Die gesetzlich vorgegebene Mindestreserve liegt bei 0,2 Prozent.
Der Präsident des Pharmaverbands vfa Han Steutel warnte vor einem „Sparreflex“ und forderte nachhaltige Reformen ein. Die Arzneimittelausgaben seien mithin moderater gewachsen als gesamten Leustungsausgaben und die anderer Leistungsbereiche, sagte der Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen Han Steutel am Freitag. „Es ist eine gute Nachricht, dass sich die Reserven langsam wieder füllen“, sagte Steutel. Deutschland brauche ein Gesundheitssystem, das für die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft robust aufgestellt sei.
Die erzielten Überschüsse der Krankenkassen sollten nicht zu falschen Schlüssen verleiten, warnte dagegen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) am Freitag. Die gesetzliche Krankenversicherung stehe unter größtem finanziellen Druck. Ab dem Jahr 2027 seien Defizite in der GKV in zweistelliger Milliardenhöhe zu erwarten.
Warken will im kommenden Jahr mit einem ersten Sparpaket rund zwei Milliarden Euro in der KV einsparen. Darin enthalten ist ein Beitrag von rund 1,8 Milliarden Euro, den die Krankenhäuser leisten sollen. Deshalb hat eine Mehrheit der Länder den Vermittlungsausschuss angerufen. Warken forderte den Ausschuss auf, rasch eine Entscheidung zu fällen.
Die Ministerin wies zudem auf die laufenden Arbeiten der von ihr eingesetzten FinanzKommission Gesundheit hin. Auftrag dieses zehnköpfigen Gremiums ist unter anderem, bis kommenden März Vorschläge zur kurzfristigen Stabilisierung der Kassenfinanzen vorzulegen. Warken kündigte an, diese „zügig“ in einen Gesetzgebungsprozess einfließen zu lassen. (af)




