Mecklenburg-Vorpommern

Wehe, wenn der Chefarzt geht

Die Kündigung des Chefs der Kinderklinik in Demmin hat gravierende Folgen – für seine Kollegen und die gesamte Region.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

Demmin. Der Fachkräftemangel betrifft im Gesundheitswesen viele Regionen – aber wenige so stark wie Vorpommern. Was die Kündigung eines Chefarztes für die gesamte Region im Nordosten der Republik bedeuten könnte, zeigt das Beispiel des Kreiskrankenhauses Demmin.

16 Jahre lang war Dr. Ralph Richter an der Kinderklinik des Kreiskrankenhauses Demmin beschäftigt, dann entschloss er sich zur Niederlassung. Seine Entscheidung teilte Richter der Klinik schon vor Monaten mit – ab April steht er dann tatsächlich nicht mehr als Chefarzt zur Verfügung. Geschäftsführer Kai Firneisen war sofort klar, wie schwer die Stelle zu besetzen sein wird.

Monate lang zeichnete sich gar keine Lösung ab. Firneisen beauftragte unter anderem mehrere Headhunter, um einen Nachfolger für Richter zu finden – bislang noch ohne abschließenden Erfolg.

Sollstärke beim Personal wird deutlich verfehlt

Erschwerend kommt für die 200 Betten-Klinik hinzu, dass die Sollstärke auf der Station (17 Planbetten) von einem Chefarzt, drei Oberärzten und vier Weiterbildungsassistenten im Moment klar verfehlt wird. Derzeit ist von den vier Assistentenstellen nur eine besetzt, weil drei Assistentinnen schwanger wurden. Von den drei Oberarztstellen sind zwei besetzt. Beide Oberärzte haben selbst kein Interesse an der Chefarztstelle.

Die Neubesetzung ist für sie aber genauso zwingend wie die Nachbesetzung der dritten Oberarztstelle, weil sie eigentlich – wie sie der Geschäftsführung signalisiert haben - gerne in absehbarer Zeit etwas kürzer treten würden. Ohne einen neuen Chefarzt wären also in Kürze von acht Planstellen nur noch drei besetzt – und zwei der Stelleninhaber beschäftigen sich mit einer Reduzierung ihrer momentanen Arbeitszeit.

Eine schwierige Lage für die Klinik, die ersten Medien in der Region berichten bereits von der „drohenden Schließung“. Soweit wird es nach Überzeugung Firneisens nicht kommen. Denn das Worst-case-Szenario hätte gravierende Folgen für die gesamte Region. Die nächsten Kinderkliniken befinden sich an der Universitätsmedizin Greifswald (45 Minuten Autofahrt), Stralsund (55 Minuten) und Neubrandenburg (60 Minuten).

Klinik schreibt schwarze Zahlen

Ohne die Kinderklinik in Demmin müssten die Bewohner der Region also lange Strecken auf sich nehmen und die anderen Kliniken würden deutlich mehr zu tun bekommen: Rund 1000 Patienten werden auf der Demminer Station bislang stationär und rund 3000 ambulant behandelt. „Die Pädiatrie ist fester Bestandteil des Kreiskrankenhauses. Allerdings frage ich mich, wie lange wir das durchhalten“, sagte Firneisen der „Ärzte Zeitung“. Neben der Versorgung spricht auch das wirtschaftliche Ergebnis für einen Erhalt. Die Station erwirtschaftet schwarze Zahlen.

Gründe für den Fachkräftemangel sieht er nicht vor Ort, sondern in der Ausbildung in der Vergangenheit. „Vor zehn Jahren wurden viel zu wenige Pädiater in Mecklenburg-Vorpommern ausgebildet.“ Fest steht für Firneisen aber, dass er nicht aufgeben wird. Mit der Universitätsmedizin Greifswald führt er Gespräche über ein Rotationsmodell für Assistenten, damit diese regelhaft die Arbeit im Kreiskrankenhaus kennenlernen.

Um die Chef- und Oberarztstellen zu besetzen, könne sein Haus mit einem „tollen multiprofessionellen Team in der Pflege“, der „familiären Atmosphäre“ und der engen Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen punkten, wirbt Firneisen. Die Headhunter haben es inzwischen geschafft, Gespräche mit neuen Interessenten anzubahnen.

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