SpiFa contra Hausärzte

Wir sind auch Grundversorger!

Der Spitzenverband der Fachärzte stellt den Versorgungsauftrag der Hausärzte infrage. Die fachärztlichen "Grundversorger" entlasteten Hausärzte – das werde vom Gesetzgeber bisher aber ignoriert.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Tauziehen um die Grundversorgung: Für den SpiFa soll ein informierter Patient mit nur einer Krankheit direkt zum Facharzt – ohne koordinierenden Hausarzt.

Tauziehen um die Grundversorgung: Für den SpiFa soll ein informierter Patient mit nur einer Krankheit direkt zum Facharzt – ohne koordinierenden Hausarzt.

© DragonImages / Fotolia

BERLIN. Der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) fordert, Fachärzte in der "Grundversorgung" zu stärken. Seine Position hat der Verband in ein Papier gegossen, das als Attacke auf die derzeitige Form des hausärztlichen Versorgungsauftrags gelesen werden kann.

Die Erfolge bei der Förderung einer wohnortnahen, ausschließlich hausärztlichen Versorgung seien bisher bescheiden gewesen. Das gelte beispielsweise für die Subventionierung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin. Tatsächlich stellten Internisten ohne Schwerpunkt bereits heute 30 Prozent der Ärzte im hausärztlichen Versorgungsbereich.

"Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander"

Bei der Lösung der Probleme in der hausärztlichen Versorgung klafften daher "Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander", folgern die Autoren des Papiers, das bei der Mitgliederversammlung des SpiFa am 21. Mai beschlossen wurde.

Die gesetzgeberische Definition des hausärztlichen Versorgungsauftrags – festgehalten in Paragraf 73 Absatz 1 und 1a SGB V – hält der SpiFa für überholt. Sie stamme aus einer Zeit, in der in Deutschland "eine Grundversorgung durch Hausärzte weitestgehend sichergestellt wurde".

Die tatsächliche Versorgungsrealität sieht nach Wahrnehmung des SpiFa anders aus: Fachärzte seien insbesondere bei unimorbiden Patienten deren erste Ansprechpartner und entlasteten damit die Hausärzte. Weiterhin leisteten diese "Grundversorger" eine kontinuierliche Versorgung von Patienten mit chronischen Erkrankungen.

Sind Fachärzte die neuen Hausärzte?

Indes bleibt der Definitionsversuch des SpiFa zum Begriff "Grundversorgung" oszillierend: Es handele sich zum einen um Leistungen von Ärzten, die "wohnortnah und verfügbar" arbeiten – klassisch eben Hausärzte, Pädiater und hausärztliche Internisten.

Zum anderen fielen darunter Fachärzte, "die schon jetzt einen hohen Anteil an Patienten versorgen, die der Grundversorgung zuzuordnen sind". Welche Fachärzte das genau sind, bleibt unklar.

Der informierte, unimorbide Patient sollte "ohne Umwege über Lotsen und Gatekeeper" direkt den Facharzt aufsuchen – alles andere stelle eine Ressourcenverschwendung dar. Hingegen benötigten multimorbide und multimedikamentös eingestellte Patienten den koordinierenden Hausarzt.

Hausärzteverbands-Chef Ulrich Weigeldt hat bereits in der Vergangenheit ähnliche Vorstöße des SpiFa als „falsch und gefährlich“ bezeichnet. Die „Fantastereien“ liefen darauf hinaus, die Qualität der Versorgung herunterzuschrauben, sagte Weigeldt der „Ärzte Zeitung“.

Ebenfalls umstritten dürften die Pläne des SpiFa zur Neuordnung der Vergütung sein: Er will die Brandmauer zwischen haus- und fachärztlicher Vergütung einreißen. „Alle relevanten Betreuungs- und Koordinationsleistungen“ sollten aus der Pauschalierung herausgeholt und mit festen Preisen extrabudgetär bezahlt werden. Dadurch entstehe ein Anreiz für Koordination und Case-Management durch Haus- und Fachärzte, heißt es in dem Papier. Dass diese Finanzierung „zunächst ausgabenneutral“ gestemmt werden soll, dürfte die Skepsis der Hausärzte nicht mindern.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Wer ist Grundversorger?

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Kommentare
Jürgen Schmidt 20.06.201716:32 Uhr

sine ira

Mit der Argumentation des Kollegen Schätzler oder Slogans wie "größte Problemlösungskraft mit dem geringsten Mittelverbrauch" haben die Allgemeinärzte iht Terrain berufspolitisch abgesteckt.
Wirft man einen Blick auf die Leitlinien der DEGAM glaubt man in das Inhaltsverzeicnis eines Lehrbuches der Inneren Medizin zu schauen.
Die Wirklichkeit in der Praxis sieht anders aus, die Fiktion von der Omnipotenz ist weder von den Allgemeinärzten noch von den Internisten aufrecht zu halten. Realiter beschränkt sich jeder in der Grundversorgung tätige Arzt auf das, was er kann, kennt seine Lücken und kooperiert mit anderen Kollegen. Idealiter gelingt dies in einem Netz, das sich von eifersüchtiger Konkurrenz so gut frei hält, wie es geht und Fortschritt und Methoden der modernen Medizin kollegialiter zum Wohle des Patienten einsetzt. Der hausärtzliche Patient ist weder eine Gattung noch ein Eigentumsbegriff.

Thomas Georg Schätzler 20.06.201712:29 Uhr

SpiFa - Das Märchen "Der Hase und der Igel"!

Als der Hase wieder oben ankam, rief ihm der Igel entgegen: "Ich bin schon da!" Der Hase aber, ganz außer sich vor Eifer, schrie: "Es wird noch mal gelaufen!" "Mir recht, meinetwegen so oft, wie du Lust hast", antwortete der Igel. So lief der Hase dreiundsiebzigmal und der Igel hielt es immer wieder mit ihm aus. Jedes Mal, wenn der Hase unten oder oben ankam, sagte der Igel oder seine Frau: "Ich bin schon da!" Aus http://maerchen.woxikon.de/27/der-hase-und-der-igel

So werden immer weniger Hasen (Hausärzte) von den vielen Igeln (Fachärzte) hereingelegt. Denn zur hausärztlichen Grundversorgung gehört das gesamte Gebiet der ambulant umfassend sicherzustellenden Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, nicht nur die fachärztliche Rosinen-Pickerei:

1. Haus- und Heimbesuche auch zu Unzeiten, Beratung der Angehörigen
2. Routine- und Überwachungs-Labor, Kontroll-EKG, Lungenfunktion etc.
3. Differenzialdiagnostische Erörterung/Erklärung von Krankheitsbildern
4. Berücksichtigung bio-psycho-sozialer Lebens- und Krankheitsumstände
5. Aufarbeitung von Nebenwirkungen, Chancen, Risiken, Alternativen
6. Koordination, Kommunikation, Motivation, Empathie, Zuwendung, Steuerung
7. Prävention, Vorsorgeuntersuchungen, flankierende psychosoziale Hilfen
8. Begrenzung von "Flatrate"- und "all-you-can-eat"-Mentalität
9. Reflexion der medizinisch psychosomatischen Machbarkeiten

Das alles kann der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) in den Arbeitsinhalten seiner Facharzt-Mitglieder nicht konkret verorten, benennen, anregen oder konkretisieren. Er duckt sich wie Herr und Frau Igel in der Ackerfurche, bis Politiker, Medien, Medizin-Journalisten und die interessierte Öffentlichkeit bzw. die hausärztlichen "alten Hasen" vorbeikommen.

Dann springt er wie die Igel-Familie auf und ruft ganz laut: "Ich bin schon da!" Oder wie es auf Plattdeutsch unter dem Titel "De Has un de Swinegel" heißt: "Ick bün al dor"!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Jürgen Schmidt 20.06.201710:44 Uhr

Tempora mutantur

Als die Fachärzte noch im GFB organisierrt waren, ließen sie sich von den Vorkämpfern der Hausarztideologie weis machen, sie berufspolitischen Kämpfe um die Gunst des Gestzgebers für die Hausärzte werde nicht zu Lasten der Fachärzte, sondern lediglich der Internisten und deren Honorare gehen.
Wären die Fachärzte früher etwas wacher gewesen, hätte die unselige Spaltung der Ärzteschaft vermieden werden können.
Dort liegt auch der Ansatz, wieder "gemeinsam die Speere nach außen zu wenden", nämlich im Vresorgungsauftrag für die Netze.
Versorgung Grundversorgung, was auch immer, wird kooperativ erbracht, dabei darf sich keiner auf die Bärenhaut legen, aber auch keine Bevorzugung erstreiten.

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