Generika

Wurden Zulassungsstudien gefälscht?

Zulassungsstudien für Generika müssen womöglich massenhaft wiederholt werden: Nach Manipulationsvorwürfen gegen einen indischen Pharmadienstleister prüft die Aufsichtsbehörde BfArM jetzt 176 Zulassungen. Europaweit müssen über 1000 Dossiers unter die Lupe genommen werden.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:

BONN. Nach Medienberichten über möglicherweise gefälschte Bioäquivalenzstudien für generische Arzneimittel hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am Freitag angekündigt, mit der "Suspendierung von Arzneimittelzulassungen begonnen" zu haben, denen Studien des indischen Pharmadienstleisters GVK Biosciences zugrunde liegen.

Um welche Produkte es sich konkret handelt und wie Ärzte über eventuelle Verordnungsrisiken informiert werden, wollte die Behörde nicht sagen.

Mitte November hatte das BfArM ein Stufenplanverfahren gestartet und Hersteller aufgefordert, nachzuweisen "dass die betroffenen Zulassungen nicht ausschließlich aufgrund klinischer Studien, die bei GVK Biosciences durchgeführt wurden, erteilt wurden".

Insgesamt prüft das BfArM 176 Zulassungen von 28 pharmazeutischen Unternehmen.

Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen, erst danach könne man die Produkte nennen, die ihre Verkehrsgenehmigung verlieren, heißt es. Derzeit lägen der Bonner Behörde jedenfalls "keine Hinweise auf Gesundheitsgefahren für Patienten vor".

Handlungsempfehlung im Januar

Laut einem Bericht der "Süddeutsche Zeitung" (SZ) könnten etliche zulassungsrelevante Studien, die von dem GVK Biosciences in den vergangenen Jahren angefertigt wurden, gefälscht sein.

GVK, ansässig in Hyderabad, ist eine sogenannte Contract Research Organisation (CRO), die im Auftrag von Pharmafirmen klinische Entwicklungsstudien betreibt. Das Unternehmen zählt sich mit 2400 Beschäftigten zu den größten CRO in Asien.

Auffällig geworden war GVK bei einer Inspektion durch die französische Arzneimittelbehörde ANSM im Mai dieses Jahres. In neun Bioäquivalenzstudien aus den Jahren 2008 bis 2014 entdeckten die Kontrolleure gefälschte EKG-Daten.

Die systematische Natur der Fälschungen und der lange Zeitraum, über den sich die Manipulationen erstreckten, nährten prinzipielle Zweifel am Qualitätsniveau bei GVK, heißt es in einem Report der europäischen Arzneimittelagentur EMA.

Im September leitete die Behörde ein Ermittlungsverfahren unter Zulassungsinhabern ein, die GVK Biosciences beauftragt hatten. Europaweit könnten laut EMA Unterlagen für rund 1250 verschiedene Medikamente zu sichten sein. Das Verfahren soll voraussichtlich im Januar mit einer Handlungsempfehlung des Arzneimittelausschusses CHMP an die EU-Kommission enden.

Als einziges betroffenes Präparat wird in dem Bericht der SZ Fexofenadin-Hexal beim Namen genannt. Hexal-Sprecher Hermann Hofmann äußerte gegenüber der "Ärzte Zeitung" jedoch die Überzeugung, dass das Präparat sicher ist. Zwar habe man eine Bioäquivalenzstudie für das Antihistaminikum bei GVK machen lassen, allerdings lange vor 2008.

GVK weist Anschuldigungen zurück

Zudem gebe es eine zweite Studie, die nicht von GVK stamme und den gleichen Kurvenverlauf aufweise. "Wir haben der EMA sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt", so Hofmann. Bisher gebe es keinerlei Hinweise, das damit etwas nicht stimmt.

Unterdessen weist GVK Biosciences die Anschuldigungen zurück. Den französischen Inspektoren seien entlastende Dokumente vorgelegt worden, erklärte das Unternehmen am Freitag.

Außerdem seien die beanstandeten Elektrokardiogramme für die Studien gar nicht relevant gewesen, beteuerte eine Firmensprecherin gegenüber der Deutschen Presseagentur.

"Damit wollten wir nur testen, ob die Teilnehmer gesund sind, ehe sie uns verlassen."

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