Zöller gegen Zwangsmeldung von Behandlungsfehlern

Das künftige Patientenrechtegesetz soll ein umfassendes Fehlermeldesystem auch für den ambulanten Sektor enthalten. Der Patientenbeauftragte Wolfgang Zöller (CSU) will das Gesetz im kommenden Jahr beraten lassen.

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Wolfgang Zöller (CSU): "Ärzte haben im jetzigen System Angst, an den Pranger gestellt zu werden."

Wolfgang Zöller (CSU): "Ärzte haben im jetzigen System Angst, an den Pranger gestellt zu werden."

© Bundesregierung

MÜNCHEN (sto). Zur Vermeidung von Behandlungsfehlern soll mit dem geplanten Patientenrechtegesetz auch ein flächendeckendes Risikomanagement- und Fehlermeldesystem im ambulanten und im stationären Bereich etabliert werden.

Eine "Zwangsregistrierung für ganz Deutschland" sei jedoch nicht beabsichtigt, erklärte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, bei einer Fachtagung zum Thema Patientensicherheit in München.

Er könne sich aber vorstellen, dass "Schwachstellen", die in einzelnen Versorgungsnetzen entdeckt werden, generell dazu genutzt werden, um künftige Behandlungsfehler zu vermeiden. Vorbild dafür könnte das CIRS-System (Critical Incident Reporting System) sein, das sich in den Krankenhäusern bereits bewährt habe, erklärte Zöller.

Beim Thema Behandlungsfehler gehe es nicht darum festzustellen, wer schuld ist, betonte Zöller. Entscheidend sei vielmehr, wie Fehler künftig vermieden werden. "Im jetzigen System haben die Ärzte Angst, an den Pranger gestellt zu werden", sagte der Patientenbeauftragte.

Das müsse sich grundsätzlich ändern. Fehlerprävention und Fehlervermeidung müssten absoluten Vorrang haben. Die Meldung und systematische Auswertung von Beinahe-Unfällen könne wesentlich dazu beitragen, Unfälle zu vermeiden.

Mit dem Patientenrechtegesetz wolle er auch erreichen, dass Patienten, die einen Verdacht auf einen Behandlungsfehler haben, schneller zu ihrem Recht kommen. Von einer Beweislastumkehr halte er allerdings nichts.

Gleichwohl sollte die Verteilung der Beweislast verändert werden, erklärte Zöller. Derzeit sei es für einen Patienten sehr schwer, einem Arzt einen "groben Fehler" nachzuweisen.

Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, ob ein Patient nicht bereits bei einer "überwiegenden Wahrscheinlichkeit" für einen Behandlungsfehler einen Rechtsanspruch bekommen sollte. Das setzte dann allerdings auch ein Umdenken bei den Versicherungen voraus, so Zöller.

Zugleich sprach er sich dafür aus, Patientenvertreter in die Gutachter- und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern zu entsenden. Das würde die Akzeptanz der Schlichtungsstellen erhöhen, meinte er. Hilfreich wäre außerdem die Einrichtung von spezialisierten Kammern für Medizinrecht bei den Gerichten.

Nach Zöllers Angaben soll mit dem Patientenrechtegesetz kein neues Gesetz geschaffen werden. Geplant sei vielmehr ein Artikel-Gesetz, "in dem alles zusammengefasst ist, was derzeit in den verschiedensten Gesetzen verstreut ist, ergänzt um die Rechtsprechung", erläuterte Zöller.

Das Gesetz habe sechs Schwerpunkte: ein Behandlungsvertrag mit Dokumentation und Herausgabe von Behandlungsunterlagen, Information, Risiko- und Fehlermanagement, Umgang mit Behandlungsfehlern, Rechte und Pflichten gegenüber Leistungsträgern und -erbringern sowie kollektive Patientenrechte.

Bis zum Jahresende werde er ein Papier vorlegen, mit dem er dann im kommenden Jahr in die parlamentarischen Beratungen gehen wolle.

Lesen Sie dazu auch: Behandlungsfehler: Jeder siebte Verdacht bestätigt

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