Hausärzte

Zukunft hängt an Selektivverträgen

Der neue EBM ist für den Hausärzteverband ein abermaliger Beleg seiner Linie: Das Kollektivvertragssystem drängt Hausärzte ins Abseits. Hausarztverträge, gut dotiert und bürokratiearm, sind die Zukunft, hieß es bei der practica in Bad Orb.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Selektivverträge bescheren Ärzten mehr Honorar.

Selektivverträge bescheren Ärzten mehr Honorar.

© Klaus Rose

BAD ORB. Ohne die Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung wird es für die Allgemeinärzte in Deutschland keine Zukunft geben.

Mit Selektivverträgen werden dagegen Allgemeinärzte, die ihre Praxis gut organisieren, künftig "gut leben können." Diese Auffassung hat Eberhard Mehl, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hausärzteverbandes, bei der practica 2013 in Bad Orb vertreten.

Erst Anfang Oktober hatte die KBV in ihrem Honorarbericht für das dritte Quartal 2012 die wachsende Bedeutung von Selektivverträgen, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, bestätigt.

Mehl reagierte damit auf Unmutsäußerungen der allgemeinärztlichen Basis, die ihre Felle im "facharztdominierten" Kollektivvertragssystem davon schwimmen sehen und sich immer wieder über den Tisch gezogen fühlen. Die Selektivverträge, so Mehl, seien auf diese Entwicklung die richtige Antwort.

Selbst in Bayern, wo es schon historisch und aktuell "Probleme" mit der AOK gebe, würden "hervorragende Honorare" gezahlt.

Beruf nicht weiter schlecht reden

Und in Baden-Württemberg hätten sich jüngst erst 1500 Hausärzte neu in den dortigen Hausärztevertrag mit der AOK und MEDI eingeschrieben, seitdem Details zum neuen EBM bekannt geworden seien.

Getrieben werde diese Entwicklung nicht nur durch das bessere Honorar in Selektivverträgen, sondern auch durch deren "schlankere Organisationsbürokratie", sagte Dr. Christof Graf aus dem baden-württembergischen Gottmaringen.

Mehl appellierte in Bad Orb an alle Hausärzte, den eigenen Beruf nicht weiter schlecht zu reden: "Hören Sie auf damit. Die Zukunft gerade der jungen Allgemeinärzte ist exzellent."

Harsche Kritik an der KBV

Auch Hausärztechef Ulrich Weigeldt stellte heraus, dass alle Hausärzte mit den in Euro ausgezahlten und über viele Jahre konstanten Honoraren in der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) ihre Zukunft besser planen können.

Zudem könne dadurch die schleichende Umverteilung der Mittel zugunsten der Fachärzte gestoppt werden. Harsche Kritik übte Weigeldt hingegen an der Honorarpolitik der KBV.

Nach dem Motto "Rein in die Pauschalen, raus aus den Pauschalen" habe das Vergütungssystem mittlerweile einen "gewissen Grad von Irrsinn" erreicht. Ein Beleg dafür sei, dass jede angekündigte Vereinfachung des EBM zu einer "Verdoppelung der Seitenzahlen" geführt habe.

Dies hat nach Ansicht von Eberhard Mehl zur Folge, dass inzwischen "kein Mensch mehr begreift, wie die Honorarverteilung funktioniert."

Die Kritik der Spitze des Hausärzteverbandes stieß bei der practica auf breite Zustimmung. So berichteten mehrere Allgemeinärzte von ersten negativen Erfahrungen mit dem neuen EBM, der große Honorarverluste zur Folge haben werde.

Auf die Frage, wo die fehlenden Gelder landen würden, hatte jedoch keiner eine Antwort parat.

"IG Metall würde sich über diese Gehaltszuwächse freuen"

Umso mehr plädierten viele Teilnehmer wie Dr. Klaus Meyer aus Kassel dafür, dem Hausärzteverband den Rücken zu stärken, um seine Position als Verhandlungspartner auf Augenhöhe weiter zu festigen.

"Die IG Metall", so Meyer, "wäre froh, wenn sie auch nur annähernd für ihre Mitglieder die Gehaltszuwächse erreichen könnte, wie dies der Hausärzteverband mit der HzV erreicht hat."

Trotzdem wünschte sich Dr. Sonja Strothotte als Sprecherin von "Junge Allgemeinmedizin Deutschland" (JADE), künftig weniger bürokratischen Anforderungen rund um EBM, GOÄ oder HzV ausgesetzt zu sein.

Stattdessen forderte sie eine bessere Planungssicherheit für junge Hausärzte, um Patienten "einfach gut versorgen zu können".

Lesen Sie dazu auch: Koalitionsverhandlungen: Hausärzteverband hofft auf starke SPD

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