Stempel statt Unterschrift

Ärzte in Nordrhein wettern gegen Mega-Regressforderung

Für die KV Nordrhein sind Regresse nach ärztlichen Formfehlern nicht länger hinnehmbar. Die KBV müsse auf eine Gesetzesänderung hinwirken.

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Düsseldorf. Damit hohe Regresse gegen Ärzte wegen Formfehlern bei wirtschaftlich und medizinisch grundsätzlich korrekt erbrachten Leistungen der Vergangenheit angehören, sieht die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am Zug. Sie soll auf eine Änderung durch den Gesetzgeber hinwirken.

Die KVNo habe dafür in der Vertreterversammlung der KBV einen entsprechenden Antrag gestellt, berichtete Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KVNo, bei der Vertreterversammlung in Düsseldorf.

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Formfehler ohne Versorgungsschaden sollten seiner Ansicht mit mehr Augenmaß sanktioniert werden, etwa mit einer Gebühr oder einem Verwarngeld.

Gericht hatte keine andere Möglichkeit

Anlass war das Urteil des Bundessozialgerichts, nach dem ein niedergelassener Arzt wegen eines formalen Fehlers mindestens eine halbe Million Euro Regress zahlen muss. „Das ist ein Beispiel für die Absurdität des Systems“, sagte Bergmann. Das Gericht habe wegen entsprechender Vorschriften im Bundesmantelvertrag und durch den Gesetzgeber indes keine Chance gehabt, anders zu urteilen.

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Der Mediziner hatte Rezepte nicht eigenhändig unterschrieben, sondern einen Unterschriftenstempel verwendet. „Das macht man nicht, das darf man nicht, das ist ein formaler Fehler“, so Bergmann.“ Dass dieser aber womöglich zur Insolvenz führt, sei unverhältnismäßig. Schließlich seien die Verordnungen inhaltlich korrekt gewesen, außerdem war weder Patienten noch Krankenkassen ein Schaden entstanden.

Wieso konnte der Fehler so lange unentdeckt bleiben?

Nach Ansicht von Elke Cremer, der Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands Nordrhein, sollte geprüft werden, wie der Fehler so lange unentdeckt bleiben konnte. „Jeder von uns weiß: Wenn schon ein Punkt auf dem Rezept falsch ist, kommt sofort die Retaxierung, und kurze Zeit später steht der Apotheker auf der Matte und hätte gerne ein korrigiertes Rezept“, erklärte sie.

Ärzte müssten besser davor geschützt sein, derartige Fehler über einen längeren Zeitraum zu begehen. Denn das sei – angesichts der Höhe der Forderungen – hier offenbar passiert.

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Unverhältnismäßige Regressforderungen sind laut Dr. Rolf Ostendorf, niedergelassener Facharzt für Dermatologie in Mönchengladbach, kein Einzelfall. Er berichtete von Fällen, in denen Dermatologen Rezepturen als Ersatz für deutlich teurere Fertigprodukte verschrieben und dabei Formfehler begangen haben.

In seinen Augen ist es ein Unding, dass die Kollegen – auch noch nach ihrem Renteneintritt – regressiert würden, obwohl sie dem Gesundheitssystem Geld gespart hätten. (bel)

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