Traumberuf Schiffsarzt?

Allgemeinmediziner als Kreuzfahrtärzte begehrt

Sonne, Seeluft, Cocktails: So sieht das Ärzte-Leben auf Kreuzfahrtschiffen aus? Mit der Realität hat das meist wenig zu tun; die Tätigkeit kann den Horizont aber erweitern.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Schiffsärzte während einer Notfallübung. Manche Schiffe verfügen sogar über kleine Hospitale.

Schiffsärzte während einer Notfallübung. Manche Schiffe verfügen sogar über kleine Hospitale.

© Tui Cruises

HAMBURG. TUI Cruises sucht Ärzte für ihre fünf Kreuzfahrtschiffe. Derzeit fehlen Mediziner, die auf den manchmal drei Monaten langen Törns eine schwimmende Kleinstadt medizinisch versorgen wollen. "Wir suchen ganzjährig Ärzte", bestätigt, Angelina Köhler, Head of Medical and Concessionaires bei TUI Cruises.

Ein lauer Job nach Traumschiff-Art? "So ganz wohl nicht", sagt Hausarzt und Notfallmediziner Dr. Frank Kortenhorn, der seine Praxis auf der Nordseeinsel Wangerooge hat und mit dreieinhalb Streifen auf der Schulter schon mehrfach an Bord der Kreuzfahrtschiffe Dienst tat.

"Manchmal ist es ein harter Stiefel. Aber wenn man sich an die Bedingungen an Bord anpasst, dann kann man eine tolle Zeit haben", sagt der 48-jährige Allgemeinmediziner.

Über 3700 potentielle Patienten

2700 Passagiere, 1050 Männer und Frauen der Crew – das sind die potenziellen Patienten. "Wir sind Hausarzt für die Crew und Notarzt für die Gäste", erklärt Kortenhorn. Und die Passagiere sind längst nicht mehr fast ausschließlich alte Menschen. "Wir haben auf jeder Tour ungefähr 300 Kinder dabei." Es fahren also Gäste aller Altersstufen mit.

"Die Passagiere sprechen zum allergrößten Teil Deutsch," so Köhler. "Aber um die Crew zu versorgen, ist fließendes Englisch unbedingte Voraussetzung für die Ärzte. Immerhin kommen die Crewmitglieder aus 40 verschiedenen Ländern."

TUI Cruises betreibt derzeit fünf Schiffe. "Wir sehen es gerne, wenn die Ärzte lange an Bord bleiben", sagt Köhler, die Chefin der Ärzte. "Denn für die Sicherheitstrainings an Bord brauchen die Ärzte allein drei Wochen." Brandbekämpfung, Evakuierung, und der Gebrauch von Rettungsbooten wird unter anderem gelernt.

Erst dann können die Ärzte voll eingesetzt werden. Die Reisen führen die Schiffe in die Ostsee, ins Mittelmeer oder auf große Fahrt in die Karibik, nach Asien oder nach Mittelamerika.

Einen Tag Arbeit, einen Tag Freizeit

Die Mediziner arbeiten in zwei Teams aus je einem Senior- und einem Junior-Doc und zwei Krankenschwestern. Es herrscht ein strenger Dienstplan: "24 Stunden on duty, 24 Stunden off duty", sagt Köhler.

Hausarzt Kortenhorn vergleicht seinen Inselarzt-Job gerne mit dem an Bord: Man muss autark sein und buchstäblich mit Bordmitteln zurechtkommen. Die Erfahrungen eines Allgemeinmediziners seien dabei Gold wert, sagt Kortenhorn.

Kein Wunder dass sich vor allem Hausärzte, die einen Vertreter haben, wie Kortenhorn auf Wangerooge, oder Ärzte im Ruhestand als Schiffsarzt bewerben. Behandeln müssen die Schiffsärzte das gesamte Spektrum von der Triefnase bis zum Schlaganfall. "Der größte Teil ist natürlich hausärztlicher Job", sagt Kortenhorn.

Aber unterwegs kann auch mehr passieren. "Wir waren schon mit einem reanimierten Patienten unterwegs von Oslo nach Kopenhagen", berichtet der Hausarzt. "Zuvor erhielten wir um 24:10 Uhr über einen sogenannten ‚star-code‘ einen Alarm und diagnostizierten bei dem Patienten einen Vorderwandinfarkt. Bis 1 Uhr hatten wir ihn in seiner Kabine stabilisiert und konnten ihn ins Bordhospital bringen".

Aber Oslo war so weit weg wie Kopenhagen und es gab keinen passenden Hafen, den man hätte anlaufen können. "Aber der Kapitän hat gesagt: Ok. Wir machen Speed", berichtet Kortenhorn. "Diese Lösung konnte ich verantworten.Im Kopenhagener Krankenhaus hat er dann zwei Bypässe bekommen."

Gefragt sind Hausärzte mit Kenntnissen in der Notfallmedizin

Um die vielfältigen Anforderungen stemmen zu können, müssen die Schiffsärzte entweder Fachärzte der Allgemeinmedizin sein, Internisten, Chirurgen oder Anästhesisten. Dazu kommen eine Reihe von Fachkundenachweisen, vor allem im Rettungsdienst oder Notfallmedizin, die sie vorlegen müssen.

Ihren Patienten stehen zwei Behandlungsräume und ein gut ausgestattetes Bordhospital zur Verfügung – inklusive Intensiveinheit.

Neben medizinischem Breitbandwissen dürfte die Hierarchie an Bord für die Schiffsärzte die größte Herausforderung sein. Denn an Bord hat das Wort des Kapitäns quasi Gesetzeskraft. Trotz ihrer dreieinhalb Streifen auf der Schulter sollen sich die Ärzte im Hintergrund halten: Kein Alkohol in Uniform. Nicht in der Dienstzeit mit Badehose am Pool. An Deck immer in Uniform.

"Gäste zuerst", fasst Kortenhorn zusammen: "Oft klaffen die Erwartungen der Kollegen, die an Bord kommen und die Realität weit auseinander. Aber mit Diplomatie und Kommunikation kommt man dann weiter."

Angelina Köhler hat denn auch in das Profil für Schiffsärzte geschrieben: "Sie bringen die Bereitschaft mit, sich in das komplexe Hierarchiegefüge an Bord zu integrieren."

Weitere Infos und Stellen unter:

www.tuicruises.com/jobs

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